Das liest sich so leicht dahin: Eine Autorin lehnt die Annahme eines Preises ab. Man könnte meinen, sie sei schüchtern, öffentlichkeitsscheu oder sonst was. Oder es wäre eine Kuriosität, wie weiland Marcel Reich-Ranickis legendäre Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises, weil ihm das Niveau der Veranstaltung zu niedrig schien.
Nichts davon liegt aber vor, wenn nun die Münchner Schriftstellerin Christine Wunnicke den mit 5000 Euro dotierten Ernst-Hoferichter-Preis abgelehnt hat. Wunnicke will den Preis nicht, weil der Karikaturist Dieter Hanitzsch, dem vor Kurzem die Verwendung antisemitischer Stereotype vorgeworfen wurde, zur gleichen Zeit für sein Lebenswerk geehrt wird.
HONORARE Eine solche Ablehnung muss man sich erst einmal leisten können! Die Honorare, die Schriftsteller und Autoren erhalten, sind nämlich in den allermeisten Fällen bestenfalls mickrig zu nennen. Wer für Arbeit, die sich über ein, zwei oder drei Jahre erstreckt, einen mittleren vierstelligen Eurobetrag erhält, ist auf die Zusatzeinnahme durch Preise oder Stipendien dringendst angewiesen. Wer aber derart abhängig ist, kann nicht unabhängig sein; das dürfte einleuchten.
Umso größer ist der Respekt, der Christine Wunnicke entgegenzubringen ist. Sie verteidigt ihre Unabhängigkeit als Künstlerin. Nicht gegen Dieter Hanitzsch will sie auftreten, aber auch nicht als jemand präsentiert werden, der sich bloß lächelnd neben ihm auf die Bühne stellt. Zunächst hatte die Schriftstellerin den Preis angenommen, weil sie nicht von den Kritikern vereinnahmt werden wollte; nun aber lehnt sie ihn ab, weil sie in der Ehrung eine »kritikresistente Solidaritätsveranstaltung« für Hanitzsch erblickt.
Da will sie nicht dabei sein, sie will unabhängig bleiben. Und das zu dem für eine freie Schriftstellerin hohen Preis von 5000 Euro.