Das Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« bietet eine Chance, jüdisches Leben zu profilieren: mit Gesang, Gerüchen und Geschichten, abseits von Antisemitismus, Schoa und Nahostkonflikt.
So sind unter den zahlreichen, bereits erfolgreich gelaufenen Projekten jüdische Kochshows, Konzerte und eine digitale »Jewersity«-Ausstellung. Dadurch haben Projekte wie der Podcast zur jüdischen Geschichte des Robert-Koch-Instituts neue Zielgruppen angesprochen, wurden Orte neu oder wieder mit jüdischem Leben verknüpft, wie etwa das Festival »Musik & Kultur in westfälischen Landsynagogen«. Einige Modelle wie der 2021JLID-Podcast haben es sogar aus der jüdischen Bubble geschafft.
wahrnehmung Die im Durchschnitt wöchentlich 154 Berichte in TV, Radio, Print und Internet, die sich mit dem Festjahr befassen, deuten auf eine ausgedehnte mediale Wahrnehmung hin. Besonders Lokalzeitungen bieten einen regionalen Zugang zum Sonderthema. Zusätzlich bietet die Schirmherrschaft des Bundespräsidenten eine repräsentative Goldmedaille.
Trotzdem würden viele Leute bei Wer wird Millionär? die Frage, welches Festjahr in der Bundesrepublik gefeiert wird, wohl kaum ohne Joker richtig beantworten können. So beobachtet die Vizepräsidentin der Jüdischen Studierendenunion, Hanna Veiler, bei jungen Menschen, dass »das Jahr bei zu vielen nicht angekommen ist und am Ende die kommen, die ohnehin schon an jüdischem Leben interessiert waren«.
erwartungen Die Mehrheitsgesellschaft scheint wohl (noch) nicht mitzufeiern. Sylvia Löhrmann vom Verein 321–2021 berichtet hingegen, dass durch das breite Spektrum an Projekten bereits eine größere Reichweite erzielt wurde. Wer feiert wie, was eigentlich und wer nicht? Für diese noch offenen Fragen und die hohen Erwartungen an das Festjahr hat Deutschland noch ein gutes halbes Jahr Zeit.
Derweil dürfen wir gespannt bleiben, wie das größte Laubhüttenfest der Welt, »Sukkot XXL«, ein »Pride Shabbat« und weitere Veranstaltungen die Sichtbarkeit jüdischen Lebens in Deutschland verbessern. Schließlich erhoffen wir uns vor allem eines: dass die Impulse von #2021JLID nachhaltig weiterwirken.
Die Autorin ist Assistant Director of European Affairs bei der Anti-Defamation League.