Der selbst gestellte Anspruch ist hoch. Eine »Portalausstellung« will die Schau »Zerstörte Vielfalt« im Deutschen Historischen Museum Berlin (DHM) sein, die am Mittwoch, den 30. Januar, 80 Jahre nach der Machtübernahme der Nazis, feierlich vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit eröffnet wurde.
Zusammen mit der am Vormittag in der »Topographie des Terrors« von Bundeskanzlerin Angela Merkel inaugurierten Ausstellung »Der Weg in die Diktatur« will das DHM eine Art Rahmen für das jetzt begonnene Berliner Themenjahr »Zerstörte Vielfalt 1933–1938« bieten.
Gemeinsam mit rund 40 Partnern – Initiativen und Projekte aus der ganzen Stadt – wurde die Schau erarbeitet, erläuterte die Kuratorin Simone Erpel, die davon sprach, dass man es hier mit »vielen Ausstellungen in einer Ausstellung« zu tun habe. Biografische und topografische Zugänge – »ein virtueller Stadtrundgang«, wie Erpel es nannte – sollten so eröffnet werden, mit Mikrostudien etwa über die Hufeisensiedlung Britz oder die Berliner Verkehrsbetriebe während der NS-Zeit.
stationen Gegliedert ist die Schau mit ihren rund 250 Exponaten in zehn Stationen, vom Berlin der Weimarer Ära 1929 über die Machtübernahme der Nazis, die Zerschlagung der politischen Opposition, die Gleichschaltung der Berliner Kommunalverwaltung, Flucht und Emigration, Zwangssterilisation, Olympia 1936, das Novemberpogrom 1938 bis zu Krieg, Zwangsarbeit und Zerstörung. Zu jedem Kapitel gibt es je rund ein halbes Dutzend Unterkapitel über weithin unbekannte Aspekte der NS-Zeit wie das Zwangsarbeitsamt für Juden an der Fontanepromenade, jüdische Keramikerinnen oder die »Euthanasie« in der Städtischen Nervenklinik für Kinder 1941.
Das liest sich spannend im Katalog der Ausstellung. Mit der Umsetzung freilich hapert es – schon aus räumlichen Gründen. Gerade mal 400 Quadratmeter Ausstellungsfläche hat das DHM für diese Sonderschau zur Verfügung gestellt. Das ist bei dieser Themenfülle so gut wie nichts. Mit dem Ergebnis, dass die versprochenen »Mikrostudien« sich dem Zuschauer auch nur quasi mikroskopisch klein erschließen und die vielen Einzelthemen sich wechselseitig kaputtkonkurrieren. Den Raum dominieren so die im Museumsdesign der 90er-Jahre gestalteten, sattsam bekannten »großen Ereignisse« der Zeit, von denen zugunsten lokalerer und konkreterer Ansätze wegzukommen doch der selbst postulierte Anspruch der Schau ist.
Einzig ein räumlich separates, in die Dauerausstellung des Hauses integriertes Kapitel erfüllt diesen Vorsatz tatsächlich: »Krieg im Museum – Museum im Krieg: Das Berliner Zeughaus im Nationalsozialismus« wirft einen Blick auf die eigene Geschichte des Orts, an dem heute das DHM beheimatet ist. Vielleicht hätte man es bei diesem Stück aufschlussreicher Selbstreferentialität belassen sollen, statt in typischer Berliner Manier mehr zu versprechen und sich mehr vorzunehmen, als man letztendlich einlösen kann.
www.dhm.de/ausstellungen/zerstoerte-vielfalt