Herr Lapid, Sie haben als Juror an der 71. Berlinale teilgenommen – von Israel aus. Bei der Bekanntgabe der Bären-Gewinner saßen Sie mit heruntergelassenen Jalousien in einem abgedunkelten Zimmer. Was war das für ein Gefühl?
An der Berlinale teilzuhaben, war für mich sehr interessant. Ich war neugierig und habe mich sehr gefreut, die Filme für mich zu entdecken. Die Leiter der Berlinale sind künstlerisch sehr versiert, sie haben eine wunderbare Auswahl für den Wettbewerb getroffen. Aber es war eine enttäuschende Erfahrung für mich, nicht selbst dort zu sein. Schon von vorneherein war klar, dass es für die Jury wegen Corona sehr einschränkende Umstände geben würde. Dass es nicht möglich war, die Filme in einem großen Saal zu sehen, war – wie gesagt – enttäuschend und eine etwas absurde Erfahrung.
War es für Sie noch schwieriger als für andere Juroren, die wenigstens vor Ort waren – Ihre Ausreisegenehmigung aus Israel kam sehr kurzfristig?
Um einen Kinofilm zu sehen, muss man in einem Kinosaal sitzen. Die Filme, die ich mache, zeigen – so denke ich – deutlich: Ich bin der letzte Mensch, der glaubt, dass man Filme alleine vor dem Computer im Zimmer oder auf irgendeiner anderen Leinwand anschauen sollte, die nicht in einem Kino steht. Natürlich habe ich mir die Berlinale-Wettbewerbsfilme sehr genau angesehen, sie geprüft und analysiert und über sie nachgedacht, um sie bewerten zu können, aber es ist mir klar, dass sie unter filmwürdigen Bedingungen anders wirken.
In der vergangenen Woche konnten Fachbesucher und Journalisten einen Teil der Berlinale-Filme sehen, im Juni wird eine Auswahl, die im April feststehen soll, auch dem Publikum gezeigt. Hoffen Sie, in drei Monaten nach Berlin reisen zu können?
Ich denke schon. Die Tatsache, dass ich dieses Mal nicht rechtzeitig nach Berlin kommen konnte, hing mit einer bürokratischen Verzögerung der israelischen Regierung zusammen. Ich gehe davon aus, im Juni nach Berlin kommen zu können.
Ihr nächster Film heißt »Ahed’s Knee«. Wollen Sie darüber etwas erzählen?
Es ist eine französisch-deutsche Koproduktion. Ich hoffe, dass dieses Kinojahr bald beginnt, dass die Kinos weltweit bald öffnen können und dass der Film in nächster Zeit international anläuft.
Können Sie schon etwas über die Handlung sagen? Es heißt, der Film sei in Israel in der Arava-Wüste gedreht …
Nein, ich möchte jetzt noch nichts verraten.
Wann waren Sie selbst das letzte Mal im Kino?
Ich persönlich hatte Glück, ich war Juror beim Filmfestival in Venedig, das war im September 2020. Und ich habe meinen eigenen Film in einer Probevorführung in einem Kino in Paris gesehen. Aber das ist nicht dasselbe. Und dass Israelis, die nicht das Glück hatten, Juroren in Venedig zu sein, schon ein Jahr nicht im Kino waren – das ist absolut kein Zustand.
Wann öffnen die Kinos in Israel?
Die Cinemathek hat jetzt schon geöffnet – nach einem Jahr Schließung. Ich hoffe, dass die anderen Kinos bald folgen werden.
Was ist derzeit Ihr größter Wunsch?
Ich wünsche mir, dass wir zu unserer Arbeit zurückkehren – und endlich wieder Filme sehen können.
Mit dem Regisseur und Berlinale-Gewinner (2019) sprach Ayala Goldmann.