Fußball-EM

Zielorientiert

EM-Vorrundenspiel Nordirland – Deutschland Foto: imago

Mein bester Freund, ein notorischer Amerika-Fan, versucht seit Jahren, mich von den saftigen grünen Fußball-Rasen auf das glänzende kahle Basketball-Parkett zu locken. Ein trostloses Vorrundenspiel der Europameisterschaft zwischen Spanien und Tschechien war für ihn mal wieder eine perfekte Gelegenheit, einen neuen Bekehrungsversuch zu starten.

»Wie kannst du bloß so viele Stunden damit verbringen, einem Spiel zuzusehen, dessen Highlight die Nahaufnahme eines frustrierten, unrasierten spanischen Spielers ist, der auf den Boden spuckt?«, fragte er. »Selbst die UEFA weiß, wie langweilig das Spiel ist. Warum sonst würde sie versuchen, es aufzupeppen, indem sie die Regeln jedes Jahr ändert? Nicht, dass es etwas bringt.

Männer Ich meine, sogar wenn sie das Tor drei Meter breit machen, die Abseitsregel auf den Müll schmeißen und beschließen, dass beide Torhüter mit einer Hand auf den Rücken gebunden spielen müssten, wird Fußball immer ein langsames, geisttötendes Spiel bleiben.

Wie kann ein Mensch, der noch ein halbes Gehirn sein Eigen nennt, 90 Minuten vor dem Fernseher verbringen, wenn er weiß, dass er bestenfalls ein oder zwei interessante Szenen zu sehen bekommt, und den Rest der Zeit damit verbringen, einer Horde schwitzender, hechelnder behaarter Männer zuzuschauen, wie sie mit dem Schiedsrichter und untereinander streiten oder Verletzungen vortäuschen, um Zeit zu schinden?«

Die Antwort – besonders nach einer relativ enttäuschenden bisherigen Europameisterschaft – ist so einfach wie traurig. Ich liebe Fußball, weil das Spiel auf so schmerzhafte Weise dem Leben gleicht: langsam, ungerecht, willkürlich, oft langweilig, aber immer mit der Hoffnung, dass irgendwann, für einen noch so kurzen Augenblick, sich alles zusammenfügt und Sinn ergibt.

Athleten Es nützt eben nichts – das Leben handelt nicht von geschmeidigen Athleten, die einen Wurf aus dem Drei-Punkte-Bereich elegant verwandeln; das Leben ist die permanente, unkoordinierte, angstvolle Anstrengung, über unsere triviale Existenz hinauszuwachsen, eine Anstrengung, die, wenn wir Glück haben, vielleicht in einer brillanten Aktion von Lewandowski, Ronaldo oder einem anderen Dribbel-Zauberer mündet.

Dann verwandelt sich für den Bruchteil einer Sekunde das ganze schwitzige 90-minütige Kuddelmuddel in etwas Kohärentes, etwas Schönes und Lohnenswertes. Und wenn dieser Moment verblasst ist, kehren wir alle zurück in unsere ewig gleiche triste Realität aus verschwendeter Zeit, sinnlosen Fouls, verpufften Ballvorlagen und wilden Schüssen, die das Tor um Kilometer verpassen, um mit unendlicher Geduld und grenzenloser Hoffnung auf den nächsten glorreichen Moment zu warten.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025