Israel ist um eine weitere archäologische Attraktion reicher. Bei Rettungsgrabungen, die südlich von Ramat Beit Schemesch unter der Leitung von Benyamin Storchan, Archäologe in der Israelischen Antikenbehörde (IAA), durchgeführt wurden, stieß sein Grabungsteam auf die Ruinen einer imposanten byzantinischen Kirche.
Das Gotteshaus ist vor 1500 Jahren an dieser Stelle errichtet worden. Im Rahmen eines IAA-Bildungsprojekts unterstützten israelische Jugendliche ehrenamtlich über mehrere Jahre die umfangreichen und aufwendigen Grabungsarbeiten.
Die Teenager entdeckten Tausende von Fundstücken und, wie sich zeigte, auch die umfangreichste Sammlung byzantinischer Glasfenster und Lampen, die jemals in Israel an einer archäologischen Stätte gefunden wurden. Licht spielte demzufolge eine zentrale Rolle in byzantinischen Kirchen, um eine dramatische spirituelle Atmosphäre für eine intensive religiöse Erfahrung zu schaffen.
Gemäß Sophronius, Patriarch von Jerusalem von 634 bis 638 n.d.Z. und als christlicher Theologe einer der Hauptvertreter der orthodoxen Lehre in der innerkirchlichen Kontroverse über die Natur Jesu, verkörpert der Schein der Öllampen Gottes ewiges Licht.
MÄRTYRER Die Kirche des »Glorreichen Märtyrers« wurde nach dem klassisch-römischen Basilika-Grundriss errichtet, der im Römischen Reich ursprünglich ein Profanbau war und architektonisch im Byzantinischen Reich für sakrale Bauten adaptiert wurde: ein lang gestreckter Bau mit Säulen zu beiden Seiten, die den Kircheninnenraum in ein Hauptschiff und zwei Seitenschiffe unterteilten.
Neben dem Kircheneingang wurde ein weitläufiger Innenhof (Atrium) freigelegt, durch den Besucher und Pilger schritten, gefolgt von der Narthex, einem Korridor, der den Übergang vom weltlichen zum geheiligten Bereich markierte.
Israelische Jugendliche unterstützten das Grabungsprojekt.
Wie in Basiliken üblich, stand auch in dieser Kirche der Altar als Zentrum für liturgische Handlungen erhöht und nach Osten ausgerichtet in einer halbrunden Apsis am Ende des Kirchenhauptschiffs. Kunstfertig aus Marmor gemeißelte Gitterfenster und Strebebalken grenzten im Chorraum den Altarplatz ab.
In der Krypta, die sich in Basiliken unterirdisch meist genau unter dem Altar befindet, wurden die Gebeine eines geheimnisvollen Märtyrers aufbewahrt. Zwei freigelegte Treppen führen die Archäologen zu folgender Interpretation: Um dem Ansturm von Pilgern standhalten zu können, wurde der Besucherstrom über eine Treppe hinunter- und über eine weitere Treppe aus der Krypta hinausgelenkt.
SCHLACHT Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches im Jahr 476 überlebte Byzanz die Völkerwanderungen und bestand als Römisches Reich im östlichen Mittelmeerraum bis zur Eroberung durch die Türken am 29. Mai 1453 fort. Nicht so im Nahen Osten.
Am Fluss Yarmuk kam es im Jahr 636 zur entscheidenden Schlacht zwischen den byzantinischen Heeren und den expandierenden Arabern. Byzanz wurde vernichtend geschlagen und verlor seine Kontrolle und seinen Einfluss über Syrien und Palästina, später auch über Ägypten.
Während der byzantinischen Periode wurden Plätze, an denen sich gemäß der christlichen Tradition bedeutende Ereignisse zugetragen, sowie Stätten, an denen Heilige gewirkt haben sollen, zu verehrungswürdigen Orten erklärt. Kirchen, die Gebeine von Märtyrern beherbergten, wurden christliche Pilgerstätten.
Aufwendig gearbeitete Mosaiken zeigten Motive aus Flora und Fauna.
Die Kirche des »Glorreichen Märtyrers« zog mit ihrer aufwendigen Außen- und Innengestaltung sowie ihrer prominenten Lage nah an der Hauptverkehrsader nach Jerusalem offensichtlich viele christliche Gläubige und Pilgerströme an.
FRESKEN Ein weiteres Highlight der Ausgrabungen ist das Taufbecken aus Kalkspat, einem Mineral in Tropfsteinhöhlen. Die Kirche des »Glorreichen Märtyrers« war reich ausgestaltet. Aufwendig gearbeitete Mosaiken zeigten dekorative Motive aus Flora und Fauna sowie streng geometrische Muster.
Eine Vielzahl von Fresken schmückte die Kirchenwände, kühn hoch aufstrebende Säulen mit verzierten Kapitälen lenkten den Blick nach oben, gen Himmel. Einige Säulen wurden vermutlich eigens aus dem Ausland importiert.
Die Hauptphase des Kirchenbaus fällt in die Regierungszeit von Kaiser Justinian des Großen (482–565 n.d.Z.), der das Oströmische Imperium von 527 bis 565 n.d.Z. regierte, belegt durch eine in situ entdeckte griechische Inschrift. Sie erwähnt seine finanzielle Unterstützung zunächst zur Erweiterung und später zur Vollendung unter der Schirmherrschaft des Oströmischen Kaisers Tiberius II. Constantinus (520–582 n.d.Z.). Ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen, eingelassen in eines der Mosaike und Symbol des Byzantinischen Imperiums, belegt das kaiserliche Engagement.
Wer war diese geheimnisvolle Gestalt, der »Glorreiche Märtyrer«, zu dessen Ehren diese prachtvolle Basilika gebaut wurde? Wir wissen es nicht. Vielleicht werden zukünftige Entdeckungen an der Grabungsstätte Licht in dieses archäologische Mysterium bringen und seine Identität preisgeben.
Bible Lands Museum Jerusalem: www.blmj.org/en/