»›Was ist falsch an Nichtjuden?‹ – ›Nichts‹, sagten meine Eltern wie aus einem Mund. ›Habt ihr etwas gegen Nichtjuden?‹, fragte ich misstrauisch. ›Natürlich nicht‹, sagte meine Mutter.« Diese Szene spielt sich nicht hinter schalldichten Türen ab, sondern in aller Öffentlichkeit, in einem Kinderroman nämlich, der den Titel Opa und der Hunde-Schlamassel trägt. Geschrieben hat ihn die amerikanische Autorin Erica S. Perl. Das Buch für Acht- bis Zwölfjährige ist jetzt auf Deutsch im Berliner Ariella Verlag erschienen, dem einzigen jüdischen Kinder- und Jugendbuchverlag Deutschlands.
Hinter diesem Verlag und seinem nunmehr dritten Titel verbirgt sich Myriam Halberstam, die nach einiger Vorleseerfahrung darauf hinweist, dass sich Opa und der Hunde-Schlamassel an alle Kinder, nichtjüdische wie jüdische, wendet. Streckenweise wird das stimmen, aber dann gibt es doch immer wieder Passagen, die sind wohl in ihrer Gänze nur von jüdischen Kindern zu verstehen. Dabei ist es für den jungen jüdischen Leser einfach schön, ein Buch in deutscher Sprache genießen zu können, ohne Identifikationspurzelbäume schlagen zu müssen.
familie Da ist Zelda Fried, fast elf, die von Brooklyn nach Vermont zieht, in die Diaspora also. Warum? Die geliebte Großmutter ist gestorben, und der Großvater braucht jetzt seine Familie. Darüber sollte man schon einmal staunen. Zelda jedenfalls stürzt der Umzug in eine ziemliche Krise. Sie will einen Hund und bekommt einen Orangensaftbehälter, den sie an einer Leine hinter sich herzieht. Diese Idee stammt vom bärbeißigen Großvater, der keine Gelegenheit auslässt, mit Jiddischkeit zu verwirren, hinter der allerhand Weisheit steckt.
Der »Übungshund« soll den Eltern zeigen, dass Zelda Verantwortung übernehmen kann. Eine harte Probe ist da zu bestehen, und zwar vor aller Augen. Es soll nicht die einzige bleiben. Zelda nimmt nach einigem Stolpern alle Hürden, sie kommt einen richtig großen Schritt voran im Abenteuer »sei, wer du wirklich bist« – große Peinlichkeiten inbegriffen.
Deshalb ist dieses Buch auch alles: von sehr witzig bis sehr traurig. Nichtjuden sind darin meist nicht die Hellsten, das sind eher die Juden, vor allem Jeremy, der Nachbarsjunge. Und gegen Ende wird darüber nachgedacht, wieder häufiger in die Synagoge zu gehen, sogar Mitglied in einer Gemeinde zu werden: »Vielleicht wäre es schön, andere jüdische Kinder kennenzulernen.«
An einen so unverblümten Ton in deutscher Sprache muss man sich erst gewöhnen. Auf den letzten Buchseiten findet sich ein Glossar zur Erklärung der jiddischen Wörter – und fertig ist das passende Chanukkageschenk.
Erica S. Perl: »Opa und der Hunde-Schlamassel«. Aus dem Amerikanischen von Gesine Strempel. Ariella, Berlin 2012, 199 S., 14,95 €