Der Schriftsteller Wladimir Kaminer (»Russendisko«) sieht in seiner früheren Heimat Russland aktuell eine internationale Bedrohung. »Zurzeit ist Russland eine große Gefahr für die europäische Sicherheit und für den Weltfrieden«, sagte Kaminer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
EIGENLEBEN »In meinem Umfeld ist das ein großes Thema und die Menschen machen sich große Sorgen, weil sie auch besser verstehen können, was in Putins Kopf vorgeht«, sagte der 54-Jährige mit Hinweis auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. »In einer Situation, wo das politische Personal nicht abgewählt werden kann, kann es durchaus passieren, dass dieses politische Personal, in unserem Fall nur ein Mann, dann ein Eigenleben entwickelt mit irgendwelchen politischen Zielen, die nicht mehr den Interessen seines Landes, seines Volkes oder dem Wohlstand seiner Gesellschaft dienen.«
Die europäische Politik habe sich nicht wirklich für die Probleme in der Ukraine interessiert, kritisierte der in Moskau geborene und in Deutschland lebende Schriftsteller. »Ganz Europa muss sich mit den Problemen dieses Mannes beschäftigen, um des Friedens Willen. Das klingt verrückt, ist aber so.«
»Ich würde jetzt sofort die Ukraine in die Nato aufnehmen.«
schriftsteller wladimir kaminer
»Putin hat den Untergang der Sowjetunion als größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts bezeichnet, also eine größere Katastrophe als der Zweite Weltkrieg aus seiner Sicht«, sagte Kaminer. »Wir sind alle Zeugen eines Versuchs, quasi in Handarbeit das Rad der Geschichte zurückzudrehen.«
KONSEQUENZEN Er forderte ein konsequenteres Vorgehen. »Eine klare und unmissverständliche Antwort darauf von europäischen Ländern, von der Weltöffentlichkeit bekommt Putin nicht.« Die angekündigten Sanktionen könnten nicht als ernste Antwort betrachtet werden. »Ich würde jetzt sofort die Ukraine in die Nato aufnehmen, auf jeden Fall. Man muss jetzt quasi alle Mechanismen nutzen, die noch funktionieren, die noch irgendeine Wirkung tatsächlich erzielen.«
Kaminer sprach von einem »merkwürdigen Gefühl« in seinem russischstämmigen Bekanntenkreis. »Unsere Propaganda hat uns immer erzählt, was zu tun ist, wenn deine Heimat in Gefahr ist. Aber wenn deine Heimat andere Länder angreift, darauf wurden meine Landsleute nicht vorbereitet.« Es sei sehr wichtig, »dass wir uns gerade bei einem solchen Tsunami von Falschinformationen ein klares Bild erhalten von dem, was eigentlich Sache ist. Ich sehe meine Aufgabe als Künstler darin, das so deutlich wie möglich zu beschreiben.« dpa