Herr Blumenthal, das Jüdische Museum Berlin (JMB), dessen Direktor Sie seit seiner Gründung sind, feiert demnächst sein zehnjähriges Jubiläum. Ihre Bilanz dieser Zeit?
Viele, viele Besucher und ein ungebrochenes Interesse an der deutsch-jüdischen Geschichte! Mit diesem enormen Erfolg hatte ja 1997 – als ich meine Arbeit begann – niemand gerechnet.
Für die nächste Dekade haben Sie wieder Großes vor. Das Museum soll eine eigene Akademie bekommen. Was werden deren Aufgaben sein?
Toleranz, Integration und interkulturelle Verständigung, das sind Themen, zu denen wir unseren Beitrag leisten wollen. Wir werden pädagogische Programme entwickeln, die sich mit den Erfahrungen von Migranten in Deutschland befassen. Wir möchten Stipendiaten und Fellows hierherbringen, renommierte Forscher, die in der Akademie ihre Projekte zu diesen Themen verfolgen. Ein dritter Aspekt wird die Gründung eines Jüdisch-Islamischen Forums sein, ein Ort für den Austausch von Gedanken, für Diskussionen und gemeinsame Forschung.
Wird es auch im eigentlichen Museumsbereich Änderungen geben?
Nach zehn Jahren werden wir uns die Dauerausstellung genau anschauen und teilweise überarbeiten. Auch die ständig wachsende Sammlung des Museums reagiert auf die Gegenwart, und das Museum sammelt in Zukunft verstärkt Objekte und Dokumente aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie etwa Artefakte, die von der Einwanderung der russischen Juden in Deutschland erzählen.
Die Eröffnungsgala des Museums 2001 war damals das gesellschaftliche Ereignis nicht nur Berlins, sondern Deutschlands. Planen Sie zum Zehnjährigen ein ähnlich großes Event?
Ja, am 24. Oktober soll es eine große Jubiläumsfeier geben, bei der die Bundeskanzlerin mit unserem »Preis für Verständigung und Toleranz« ausgezeichnet wird. Wir erwarten dazu 800 bis 1.000 Gäste aus aller Welt, mit denen wir in der zukünftigen Akademie die letzten zehn Jahre feiern wollen. Ich freue mich besonders, dass Daniel Barenboim und die Staatskapelle Berlin diesen Abend mit einem Festkonzert in der Berliner Philharmonie eröffnen werden.
Bei aller Feierstimmung: Sind nicht auch für ein Erfolgsprojekt wie das JMB irgendwann einmal die Grenzen des Wachstums erreicht?
Was das Wachstum der Besucherzahlen an-geht, gibt es natürlich auch im Jüdischen Museum Grenzen. Mit über 760.000 Interessierten pro Jahr sind wir sehr glücklich! Aber programmatisch entwickeln wir uns ständig weiter, mit den Bildungs- und Wissenschaftsprogrammen in der geplanten Akademie genauso wie mit jeder neuen Sonderausstellung. Wichtig ist uns dabei, dass diese Erweiterungen mit Bedacht passieren und wir aus den eigenen Erfahrungen lernen.
Mit dem Direktor des Jüdischen Museums Berlin sprach Michael Wuliger.