Mit scharfer Kritik haben Spitzenpolitiker auf erneute Aufrufe der israelfeindlichen BDS-Bewegung reagiert, das Berliner Pop-Kultur-Festival zu boykottieren. »Ich halte BDS für eine antisemitische Strömung, deren Aktivitäten ich scharf verurteile«, sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen.
»Mit ihren Boykott-Forderungen gegenüber Israel agiert sie mit Argumentationsmustern aus der Nazizeit, die schlichtweg unerträglich sind«, so Klein weiter. Die Organisatoren des Festivals rief er dazu auf, sich nicht von den Aufrufen der BDS-Kampagne (Boycott, Divestment and Sanctions) beeindrucken zu lassen. »Die Boykott-Aufrufe der betreffenden Künstler sind inakzeptabel.«
Gaza Vergangene Woche hatte der britische Musiker Richard Dawson sein Konzert beim Pop-Kultur-Festival in Berlin abgesagt. Als Begründung führte er die Reaktion der israelischen Regierung auf die jüngsten Proteste im Gazastreifen an. Bei den überwiegend gewalttätigen Demonstrationen wurden laut Auskunft der Terrororganisation Hamas über 50 Hamas-Anhänger getötet. Mit seiner Konzertabsage wolle er ein Zeichen gegen die seiner Ansicht nach unverhältnismäßige Reaktion Israels setzen, sagte Richard Dawson.
»Wenn mein Auftritt beim Festival Pop-Kultur auch nur die geringste Unterstützung für eine solche Regierung bedeuten würde, könnte ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, meine Musik oder meinen Namen dafür herzugeben«, sagte der britische Folkmusiker. Die britische Band Shopping sowie auch die Gruppe Gwenno folgten ebenfalls dem BDS-Aufruf und sagten ihre Auftritte ab.
Die Israelische Botschaft unterstützt das Festival mit einer Unterkunfts- und Reisekostenbeteiligung von 1200 Euro; insgesamt drei Gruppen aus Israel werden bei der diesjährigen Veranstaltung auftreten. Wie bereits im vergangenen Jahr haben BDS und PACBI (Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel) jüngst zum erneuten Boykott des Festivals aufgerufen. In E-Mails forderten sie die Festivalleitung auf, die Zusammenarbeit mit der Israelischen Botschaft einzustellen, die Unterkunfts- und Reisekostenbeteiligung zu streichen sowie das Logo der Botschaft von der Festival-Website zu löschen.
syrien Im vergangenen Jahr beteiligten sich zahlreiche Künstler an der BDS-Aktion. Zunächst waren es hauptsächlich arabische Musiker wie der Rapper Abu Hajar oder der syrische DJ Hello Psychaleppo. In der Folge beteiligten sich auch viele Künstler aus Großbritannien. Die Boykott-Aktion sorgte in Politik und Medien wochenlang für kontroverse Diskussionen.
Massive Kritik an BDS und den Absagen äußert auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). »Der Boykott-Aufruf des BDS ist, was er auch im letzten Jahr war: unerträglich und inakzeptabel«, sagte die CDU-Politikerin auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen. »Israel-Bashing – aus welchen Gründen auch immer – hat hier keinen Platz, es ist zutiefst bedauerlich, dass sich Künstler von BDS instrumentalisieren lassen.«
Ebenso deutlich äußerte sich Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke). »Dieser Aufruf war im vergangenen Jahr widerlich und inakzeptabel – und er ist es in diesem ebenso.« BDS operiere mit Boykottaufrufen und massiver Beeinflussung von Künstlern, verbreite Unwahrheiten und schlicht Hass, sagte der Politiker dieser Zeitung. »Wer dies tut, muss sich Antisemit nennen lassen – und mit unserem entschlossenen Widerstand klarkommen.«
Einschüchterung Das Festival will sich unterdessen durch die Boykottaufrufe nicht einschüchtern lassen. An der Kooperation mit der israelischen Botschaft und Künstlern aus dem jüdischen Staat werde selbstverständlich festgehalten, teilten die Organisatoren mit. »Das Nicht-Auftreten, der Boykott, ist nicht unsere Entscheidung. Wir sind jederzeit offen für einen konstruktiven Dialog.« Die Organisatoren verurteilten die Ziele und die Methoden der BDS-Bewegung.
Die BDS-Bewegung wurde im Jahr 2005 auf den Aufruf von über 170 palästinensischen Nichtregierungsorganisationen hin ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, durch gezielte Boykottaufrufe Israel international zu isolieren und als angeblichen »Apartheidstaat« zu diffamieren. Dabei hat sie sowohl israelische Firmen und Institutionen als auch Wissenschaftler und Künstler im Visier.
Das Berliner Pop-Festival wird durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa des Landes Berlin, aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) sowie aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert. Es findet in diesem Jahr vom 15. bis 17. August statt. Das Programm umfasst rund 100 Konzerte, Workshops, Lesungen, Ausstellungen und Filme.