Sehen!

»When Silence Sings«

Wem die legendären Stummfilme der zwanziger Jahre aufgrund der heutigen Sehgewohnheiten immer ein wenig fremd geblieben sind, bekommt mit der nun auf DVD erschienenen Dokumentation When Silence Sings einen Anreiz, neue Blicke auf das Genre zu wagen. Irina Goldstein porträtiert in dem Film ihren 1944 in Riga geborenen und vergangenes Jahr verstorbenen Vater Aljoscha Zimmermann, der Klassikern wie Metropolis, Der letzte Mann oder Der Golem durch musikalische Neuvertonung und Livebegleitung ein Stück ihrer verloren gegangenen Ursprungsgestalt zurückzugeben versuchte.

kunstvoll Die Dokumentation bedient sich dafür der Kunst ihres Protagonisten und wird dabei fast selbst zum Stummfilm. Kunstvoll werden Aufnahmen von Zimmermann bei seinen Auftritten, beim Proben oder bei seinen Spaziergängen durch Paris mit seiner Musik unterlegt, wobei erlebbar wird, welch starken Einfluss die musikalische Untermalung auf Filme hat. Am eindrücklichsten ist das in den Szenen, die Zimmermann beim Komponieren zeigen. Während der Musiker gebannt auf einen kleinen Fernseher neben dem Piano blickt, spiegelt sich die Dramaturgie des Filmes in seiner Mimik wider, dazu tanzt der Griffel über das Notenpapier und wird durch die Lautbegleitung selbst zum ästhetischen Akt.

When Silence Sings ist ein Film über Kunst, die sich durch eine von ihr besessene Person äußert. Am Ende hat man umso größere Lust, mehr über den Menschen Zimmermann zu erfahren, da Biografisches bis auf leider zu kurze Interviewausschnitte mit seinen Töchtern eher rar bleibt. Die Botschaft aber, dass zu alten Filmen die Musik gehört, wie zu neuen die Farbe, wird beim Zuschauer ebenso hängen bleiben wie viele der jazzigen bis romantischen Melodien. Das Wort »Stummfilm« zumindest wird man nach When Silence Sings nur noch mit Bedacht verwenden.

»When Silence Sings«, DVD, 94 min., Koch Media 2010, 14,99 €

Kunst

»Das Alef sitzt dort allein«

Fishel Rabinowicz ist im Alter von 100 Jahren gestorben. Lesen Sie hier unser letztes Interview mit dem Schweizer Schoa-Überlebenden

von Peter Bollag  01.11.2024 Aktualisiert

Meinung

Antisemitische Scheinheiligkeit im Kulturbetrieb

Sally Rooney klagt in einem neuen Boykottaufruf Israel an, schweigt aber zu Unrechtsregimen wie dem in China

von Jacques Abramowicz  31.10.2024

Australien

Thom Yorke stellt Störer zu Rede

Der Konzertteilnehmer hatte den Sänger aufgefordert, sich zum Gaza-Krieg zu positionieren

 31.10.2024

Kolumne

Jerry Seinfeld, rette mich!

Wenn die Gleichzeitigkeit von Raketen auf Israel und Kaffeetrinken in Berlin mich durchdrehen lässt, brauche ich eine forcierte Übersprungshandlung

von Sophie Albers Ben Chamo  31.10.2024

Sehen!

»Riefenstahl«

Andreas Veiel entlarvt in seinem Film die Bildmanipulatorin zwischen Hitler-Hype, radikaler (gespielter?) Naivität und Ehrgeiz

von Jens Balkenborg  31.10.2024

Frankfurt am Main

Goethe-Universität und Jüdische Akademie kooperieren

Neben gemeinsamen Forschungsprojekten soll es auch eine Zusammenarbeit bei Vorlesungsreihen, Workshops, Seminaren, Konferenzen sowie Publikationen geben

 31.10.2024

Kultur und Unterhaltung

Sehen, Hören, Hingehen

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 31. Oktober bis zum 7. November

 31.10.2024

Frankfurt am Main

Sonderausstellung zu jüdischer Trauerkultur

Die Schau informiert auch über Vorstellungen des Judentums von Unterwelt und Jenseits, besondere Trauerrituale und Formen des Totengedenkens

 30.10.2024

Berlin

Israelsolidarische Kneipe »Bajszel« attackiert

Zum wiederholten Mal gab es einen mutmaßlich antisemitischen Anschlag auf die Neuköllner Kulturkneipe

von Ralf Balke  30.10.2024