Mascha (Aylin Tezel) hat mit vielen Menschen Sex, mit Männern und mit Frauen. Mascha geht viel feiern, tanzt verführerisch und nimmt manchmal Drogen. Mascha ist wunderschön und ausgesprochen klug. »Sie sind die Beste Ihres Jahrgangs«, sagt ihr Professor. Mascha spricht fünf Sprachen fließend und will Dolmetscherin bei der UN werden. Mit selbstsicherem Lächeln antwortet sie ihrem Professor: »Ich bin gut.«
KAMERA Alle bewundern, begehren, beneiden Mascha. Selbst die Kamera ist in sie verliebt: Nur selten lässt sie ab von ihrem feinen, bübisch-hübschen Gesicht. Es gibt nur wenige Szenen in Der Russe ist einer, der Birken liebt, in denen nicht ihr Kopf in Großaufnahme gezeigt wird – von vorn, von hinten, von der Seite und manchmal in Zeitlupe. Dann ist das Bild um sie herum ganz unscharf, scheint nur sie zu existieren. Mascha ist großartig, und Mascha weiß es. Doch da ist auch etwas Geheimnisvolles, etwas Trauriges, das sie umweht.
»Wieso habe ich auch nach zwei Jahren das Gefühl, dich nicht richtig zu kennen?«, fragt ihr Freund Elias (Slavko Popadic), den Mascha liebt, aber doch betrügt. Nur nach und nach erfahren wir mehr über sie: dass ihre Eltern früh gestorben sind, dass sie ihre Kindheit in Baku verbracht hat, dass sie jüdisch ist, aber nicht so aussieht, dass sie dem Glück misstraut, weil es zu unbeständig ist. »Alles, was ich liebe, stirbt«, sagt sie, als Elias schwer verletzt im Krankenhaus liegt.
MONTAGE Sehen wir Mascha eben noch in Köln – Schnitt –, ist sie plötzlich schon in Tel Aviv in einer Synagoge – Schnitt – und gleich darauf in einem Techno-Club. Die Montage ist erratisch, und der Plot von Der Russe ist einer, der Birken liebt, der auf dem gleichnamigen Roman von Olga Grjasnowa (2012) beruht, wird nicht chronologisch erzählt, springt zwischen Deutschland und Israel hin und her.
In das kleine Land im Nahen Osten flieht Mascha, um ihrem Schicksal zu entkommen. Sie wolle »an einem Ort sein, an dem niemand stirbt«, sagt sie zu ihrer neuen Geliebten Tal, die noch mysteriöser und verschlossener ist als sie selbst. »Dann bist du hier nicht richtig«, gibt diese die offensichtliche Replik. Und tatsächlich, was Mascha eigentlich in Tel Aviv sucht, wird in dem Film nie ganz nachvollziehbar.
KULISSE So wie Tel Aviv ziehen die meisten Orte und Menschen durch diesen Film, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Sie scheinen alle nur die Kulisse zu sein, vor deren Hintergrund Maschas Leben mit seinen Eskapaden, seinen Liebschaften und Tragödien inszeniert wird. Der beinahe obsessiven Fokussierung auf eine Protagonistin, deren Überhöhung einen manchmal unangenehm berührt, wird man schnell überdrüssig. An der Leitfrage des Films »Wer ist Mascha wirklich?« verliert man als Zuschauer irgendwann im Laufe der etwa 100 Minuten das Interesse.
Mit seinen Stilmitteln stellt sich der Film selbst ein Bein: Die verwickelte Chronologie, die oft monochromen, ganz in Gelb oder Blau gehaltenen Bilder, die geringe Tiefenschärfe und der Einsatz von Zeitlupen sollen Intensität und Komplexität suggerieren. Doch das Gegenteil ist der Fall: Alles wirkt allzu glatt. Der Russe ist einer, der Birken liebt erinnert häufig mehr an ein zu lang geratenes Musikvideo als an das tiefschürfende Porträt einer talentierten, aber leidgeprüften jungen Frau. Man hätte sich gewünscht, Regisseurin Pola Beck wäre öfter der simplen Maxime gefolgt: Weniger ist manchmal mehr
Der Film läuft ab dem 3. November im Kino.