Es ist doch hoffentlich nichts passiert? Diese Frage hat sich wohl jeder schon einmal gestellt, der vergeblich auf jemanden wartet. Je länger die Verspätung dauert, umso stärker werden die Sorgen. Und die Horrorbilder im Kopf.
Ein israelischer Programmierer will nun mithilfe einer iPhone-App Schluss machen mit der quälenden Ungewissheit. Die Applikation kann vorher festgelegte Empfänger selbstständig per SMS oder E-Mail informieren, falls der Handy-Inhaber in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt wurde.
Unfall Die Entstehungsgeschichte des Programms beginnt irgendwo zwischen Tel Aviv und Dimona. Der 41-jährige Softwareentwickler Meidad Pariente war von seiner Heimatstadt aus im Auto unterwegs zu einem Familientreffen, als er plötzlich abbremsen musste. Kurze Zeit zuvor war augenscheinlich ein Unfall passiert, und nun waren die herbeigerufenen Rettungskräfte dabei, einen der Verletzten, einen jungen Mann, in den Ambulanzwagen zu verbringen.
Als Pariente an seinem Zielort eingetroffen war, hatte er die Szene schon wieder vergessen – zumal seine und die Gedanken der Familie sehr schnell von einem ganz anderen Thema eingenommen wurden: Wo blieb eigentlich sein jüngerer Bruder? Es sollte vier Stunden dauern, bis die Parientes darüber informiert wurden, dass er in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt worden war. Und noch ein bisschen länger, bis der Informatiker bemerkte, dass es sein Bruder gewesen war, dessen Abtransport in einem Krankenwagen er während der Fahrt beobachtet hatte.
Berechnungen Den Informatiker, der 16 Jahre lang für die Israel Aerospace Industries arbeitete, ließ das Erlebte nicht mehr los. Zumal bei einem Unfall Kräfte am Werk sind, mit denen er sich von Berufs wegen gut auskannte. Die Kräfte, die bei einem Unfall wirken, lassen sich recht einfach berechnen. Und von einem iPhone können sie erkannt werden.
Parientes entwickelte die Applikation MayDay, die unfalltypische physikalische Geschehnisse erkennt, und einen Kreis vorher festgelegter Empfänger automatisch per SMS darüber informiert, dass dem Handybesitzer gerade etwas passiert ist. Die Unsicherheit und das vergebliche Warten seien schließlich schlimmer als zu wissen, dass ein Unfall geschah, findet der Computerspezialist.
Bislang betrachtet Pariente seine App nur als Hobby. »Es handelt sich nun einmal nicht um ein Spiel oder ein besonders cooles Feature«, kommentiert er die Verkaufszahlen, die im niedrigen vierstelligen Bereich liegen. Aber weil er daran glaubt, dass die Erfindung nicht nur besorgte Familien beruhigen kann, sondern auch hilft, Menschenleben zu retten, denkt er über weitere Einsatzmöglichkeiten nach.
GPS Eingebunden in ein GPS-basiertes Navigationsgerät könnte MayDay automatisch Polizei und Rettungskräfte verständigen, inklusive Ortsanagabe. Interessant wäre eine solche Möglichkeit dann nicht nur für Autofahrer, sondern auch für Outdoor-Sportler, Wanderer und andere Leute, die sich viel in einsamen Gegenden aufhalten.
Und das funktioniert praktisch überall. »Wenn man beispielsweise in Thailand einen Unfall hat, wissen die Angehörigen schon ein paar Minuten später Bescheid«, sagt Pariente. »Und dann kann die Familie sofort Kontakt zur Botschaft aufnehmen und alle erforderlichen Maßnahmen einleiten.«