Glosse

Was der Veganuary mit Tu Bischwat zu tun hat

Foto: Getty Images

Vegan zu leben ist angesagt. Viele halten sich aus gesundheitlichen Gründen daran, auf tierische Produkte komplett zu verzichten, andere aus ökologischen. Und die Probe aufs Exempel zu machen, ist das Ziel von »Veganuary«. Die gleichnamige britische Organisation ruft jedes Jahr im Januar zu einem veganen Monat auf. Was kann daran falsch sein, sich einen Monat bewusster zu ernähren als sonst? Genau darauf zu achten, was eigentlich täglich auf den Teller kommt, und Dinge gezielt wegzulassen. Das Judentum kennt den bewussten Umgang mit Essen in gewisser Weise schon lange.

An Pessach wird auf Mehlspeisen, an Jom Kippur gänzlich auf Essen verzichtet. Gewiss, da liegen andere Ursachen zugrunde. Und der observante jüdische Mensch kennt die Disziplinierung ohnehin schon. Sein Umgang mit den Mizwot geht über Selbstoptimierung hinaus. Das Einhalten von 613 Mizwot ist von außen betrachtet ein Ding der Unmöglichkeit. Trotzdem entscheidet, wer jüdisch ist, jede und jeder für sich selbst, was er oder sie davon einhalten und umsetzen möchte. Auch hier ist der bewusste Umgang vieler Alltäglichkeiten – nicht nur in Form des Essens – zentral.

Ist es abwegig, vom Veganuary eine Parallele zu Tu Bischwat zu ziehen? Ganz und gar nicht! Das jüdische Neujahrsfest der Bäume findet immer im Januar oder Februar statt und stellte früher das Ende der Regenzeit beziehungsweise des Winters in Israel dar. Deswegen ist es üblich, an Tu Bischwat Bäume zu pflanzen – als Zeichen für Israels Fruchtbarkeit.

Ernten für nichts – das ruft Kritiker auf den Plan.

Heute ist es Brauch, an Tu Bischwat Obstsalat zu essen. Dabei sollten am besten 15 verschiedene Arten von Früchten verwendet werden, die in Israel angebaut werden. Außerdem sollen Früchte verzehrt werden, die in diesem Jahr bislang noch nicht serviert wurden. Dies ist als Erinnerung an das Gebot zu sehen, dass die ersten drei Ernten neu gepflanzter Bäume nicht gegessen und die des vierten Jahres Gott geopfert werden sollen.

Ernten für nichts – das ruft Kritiker auf den Plan, dieselben, die finden, die Wärmeplatten den ganzen Samstag am Strom stecken zu lassen oder kiloweise Aluschalen zu verwenden, sei unökologisch. Über Ökologie lässt sich bekanntlich streiten. Ökologie verfügt über ähnliche Strukturen wie Religion. Es bedarf einer gewissen Überzeugtheit, um sie zu vertreten oder nach ihr zu leben.

Doch zurück zu Tu Bischwat. Im zweiten Kapitel von Bereschit steht: »Gott nahm den Menschen und stellte ihn in den Garten Eden, ihn zu bearbeiten und zu hüten.« Es wird also zu Beginn der Geschichte der Menschheit unter anderem auf Verantwortung der Natur und Umwelt hingewiesen. In den letzten Jahren wurde Tu Bischwat mehr und mehr zum Anlass genommen, um zu überlegen, wie wir zum Schutz unserer Lebensgrundlagen auf dieser Erde beitragen können.

Das Judentum kennt einen Veganuary im übertragenen Sinne also schon lange. Da passt es doch gerade bestens, sich mit Datteln, Feigen und Co. den Bauch vollzuschlagen – natürlich immer mit Maß.

Saarbrücken

Moderne Galerie zeigt Illustrationen von Marc Chagall

Die Schau »Marc Chagall. Die heilige Schrift« ist bis zum 25. April 2025 zu sehen

 21.11.2024

Fußball

Neuer wackelt: Plötzliche Chance für Peretz im Bayern-Tor?

Manuel Neuer plagt »ein Stechen im Rippenbereich« und Sven Ulrteich fällt vorerst aus persönlichen Gründen aus

 21.11.2024

Gut besucht: die Konferenz in Berlin

Zionismus-Tagung

Vom Recht auf einen souveränen Staat

In Berlin diskutieren Referenten und Teilnehmer aus Deutschland und Israel verschiedene Aspekte

von Detlef David Kauschke  21.11.2024

Veranstaltungen

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 21. November bis zum 28. November

 21.11.2024

Liedermacher

Wolf Biermann: Ein gutes Lied ist zeitlos gut

Er irre sich zuweilen, gehöre habe nicht zu den »irrsten Irrern«, sagt der Liedermacher

 21.11.2024

Nachruf

Meister des Figurativen

Mit Frank Auerbach hat die Welt einen der bedeutendsten Künstler der Nachkriegsmoderne verloren

von Sebastian C. Strenger  21.11.2024

Berlin

Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Ausstellung würdigt das Lebenswerk der Künstlerin. Vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte

von Sabrina Szameitat  21.11.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 21.11.2024

Fachtagung

»Kulturelle Intifada«

Seit dem 7. Oktober ist es für jüdische Künstler sehr schwierig geworden. Damit beschäftigte sich jetzt eine Tagung

von Leticia Witte  20.11.2024