In diesen Sommerferien bin ich die ganze Zeit zu Hause geblieben. Und bereut habe ich es nicht. Wir verbrachten im Frühling zwei teure Wochen in Israel und hatten unser Ferienbudget schon durch. Ginge es nach mir, könnte man sowieso alle Ferien streichen. Ich bin noch nie glücklich vom Strand nach Hause gekehrt, noch habe ich mein inneres Ich in den Bergen gefunden.
Meinem inneren Ich begegne ich am Morgen, wenn der Kaffee gut riecht, die Straßenbahn pünktlich abfährt und das Kreuzworträtsel in der Tageszeitung lösbar ist. Ich bin 46 Jahre alt. Aber wenn ich den vorletzten Satz nochmals durchlese, könnte es auch mehr sein.
urlauber In Zürich ist im Sommer jeder zweite Bewohner ein Urlauber. Vor allem aus dem asiatischen Raum kommen viele zu uns. Sie bringen Devisen und kaufen Schweizer Uhren. In der Straßenbahn fragen sie mich dann immer: »Is this the train to the main station?« Ich gebe ihnen dann immer eine falsche Antwort, damit sie etwas länger in Zürich bleiben und noch mehr Schweizer Uhren kaufen.
Viele orthodoxe Juden reisen in die Schweizer Berge. In den jüdischen Zeitungen gibt es in den Sommermonaten eine Rubrik: »Minjan gesucht«. In den entlegensten Dörfern organisieren sie Gottesdienste für zehn Männer. Jemand bringt eine Tora mit, ein anderer Kuchen für später.
Ich gucke ihnen aus der Straßenbahn zu. Was sie in ihre Autos packen können, grenzt an das Chanukka-Wunder. Nicht eine Person, nicht zwei, drei, vier oder fünf passen da rein, sondern acht Kinder, die Großeltern, die dicke Mutter und der bereits schwitzende Vater. Dazu kommen noch Geschirr für fleischig und milchig, Fertigessen und die Tora. Im Kreuzworträtsel steht: verrückt (Jiddisch), sieben Buchstaben. Letzte Woche habe ich von Google eine Nachricht erhalten. Ich habe irgendwann zugestimmt, dass man alle Bewegungen von mir speichern und weiterverkaufen darf.
display Ich drücke halt immer auf Ja, wenn eine Frage auf dem Display aufploppt. Also, im ganzen Monat Juli war ich nie außerhalb von Zürich. Das hat mich dann doch erstaunt.
Ich weiß nicht, für welche Produkte ich ein Teil des Zielpublikums sein könnte. Vielleicht für Socken, lange Unterhosen, Batterien. Ich habe dann nochmals meine Bewegungsmeldungen analysiert. Ich war in drei Cafés. Das Schöne an Google ist, dass sogar ich für interessant angesehen werde. Wie mir die drei Cafés gefallen haben, wollte der Datenkrake wissen.
Ich schrieb dreimal die gleiche Bewertung und verteilte fünf Sterne: »Hier fand ich mein inneres Ich.«