Interview

»Vornamen prägen«

Rabbiner Dovid Gernetz Foto: Rabbinerseminar

Rabbiner Gernetz, biblische Namen liegen derzeit im Trend. In Deutschland war 2024 »Noah« der beliebteste Jungen­name. Überrascht Sie das?
Ehrlich gesagt schon. Wir leben in einer sehr progressiven Welt, und die Tatsache, dass sich viele Eltern von der Tora inspirieren lassen, finde ich beachtenswert. So stammt der Name Noah vom biblischen Charakter »Noach«, der in der Arche die Sintflut überlebte. Aus dem Hebräischen übersetzt, bedeutet er ruhig und angenehm.

Eltern zerbrechen sich oft den Kopf, wie ihr Kind heißen soll. Welchen Stellenwert haben Namen im Judentum?
Auch im Judentum wird besonders viel Wert auf den Vornamen gelegt, und das aus gutem Grund. Schon im Talmud steht, dass der Name einen großen Einfluss auf die Zukunft des Kindes haben wird. Von Rabbi Josef Karo lernen wir, dass – auch wenn ein Mensch ein Sünder und Verbrecher ist – sein guter Name doch noch eine positive Wirkung auf ihn haben kann.

Lesen Sie auch

Und wie findet man einen guten Namen?
Da gibt es verschiedene Bräuche: Manche ehren ihre verstorbenen Verwandten, indem sie ein neugeborenes Kind nach ihnen benennen. Es gibt auch Meinungen, dass nur Namen, die im Tanach vorkommen oder in der jüdischen Tradition etabliert sind, gewählt werden sollten.

Stimmt es, dass im Judentum auch Erwachsene manchmal den Namen ändern?
Im Talmud steht, dass es vier Dinge gibt, die das Schicksal des Menschen beeinflussen können. Eines davon ist die Veränderung des Namens. Dazu wird tatsächlich unter bestimmten Umständen geraten. Bei ernsten Erkrankungen kann zum Beispiel der Name »Chaim« (Leben) oder »Raphael« (Engel der Genesung) hinzugefügt werden.

Wie wichtig ist die wortwörtliche Bedeutung des Namens?
Natürlich sollte er etwas Positives ausdrücken. Aber auch, wenn die Eltern etwas Bestimmtes mit dem Namen meinten, können andere Bedeutungen des hebräischen Wortes im Laufe des Lebens wichtig werden. Ein Beispiel dafür finden wir im Tanach: Die Tora schreibt, dass Jehuda seinen Namen als Zeichen der Dankbarkeit (auf Hebräisch »Hodaʼa«) gegenüber Gott erhielt. Viel später, als Jehuda der Hauptrichter des jüdischen Gerichts war, half ihm sein Name zuzugeben (was ebenfalls »Hodaʼa« auf Hebräisch heißt), dass Tamar, seine Schwiegertochter, von ihm schwanger ist. Dieses Geständnis rettete Tamar vor dem Tod.

Das klingt alles nach einer großen Verantwortung für die Namensgeber.
Ich kann die Eltern beruhigen, dass sie nicht allein entscheiden. Die jüdische Mystik geht davon aus, dass bei der Wahl des Namens auf den Eltern eine Art Gottes Geist ruht, der ihnen hilft, einen Namen zu finden, der zum Weg des Kindes in dieser Welt passt.

Mit dem Assistenzrabbiner der Berliner Gemeinde Kahal Adass Jisroel sprach Mascha Malburg.

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt, wie die von Sophie von der Tann, sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  16.04.2025

Serie

»Inglourious Basterds«-Star spielt in »Fauda« mit

Sicher ist, dass die fünfte Staffel von »Fauda« kommt. Unsicher ist noch, welche Rolle die Französin spielen wird

 15.04.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 17. April bis zum 1. Mai

 15.04.2025

Graphic Novel

»Lodzia und Marysia« erzählt Geschichte von Schoa-Überlebenden

Das Buch widmet sich dem Leben von Leokadia Justman und ihrer Freundin im Nationalsozialismus. Verfolgung, Flucht und Mut stehen im Mittelpunkt dieses außergewöhnlichen Comics.

 15.04.2025

Europa

Spanien stellt Teilnahme Israels am Musikwettbewerb ESC infrage

Beim Eurovision Song Contest soll es eigentlich um Musik gehen. Doch die Politik spielt immer öfter mit hinein. Aktuell droht eine neue Debatte um Israel. Grund ist der Krieg im Gazastreifen

 14.04.2025

Geistesgeschichte

»Wirklicher Liberalismus«

Die Biografie des Politikwissenschaftlers Adolf Grabowsky zeigt exemplarisch, warum Konservatismus und Fortschritt keine Gegensätze sein müssen

von Matthias Oppermann  14.04.2025

Interview

Günther Jauch: Hans Rosenthal war ein Idol meiner Kindheit

Der TV-Moderator über den legendären jüdischen Showmaster und seinen eigenen Auftritt bei »Dalli Dalli« vor 42 Jahren

von Michael Thaidigsmann  11.04.2025

UNESCO

Talmud-Handschrift zu Weltdokument ernannt

Das Weltdokumentenerbe vereint Buchbestände, Handschriften, Partituren, Bild-, Ton- und Filmaufnahmen von außergewöhnlichem Wert für die Menschheitsgeschichte

 11.04.2025

10. Todestag

Zwischen Erinnerung und Engagement: Günter Grass heute

Literarisch brachte er es zu höchsten Ehren, politisch war er ein kritischer Wegbegleiter der Bundesrepublik, aber auch ein gescheiterter Moralist. Ein Zeitzeuge erinnert sich an Günter Grass als verlässlichen Freund

von Klaus Blume  11.04.2025