Es ist wieder soweit: In der Nacht zum 25. Oktober sind wir von der Sommer- zu Winterzeit gewechselt. Die 1980 eingeführte Sommerzeit sollte eigentlich beim Energiesparen helfen. »Während der Sommerzeit können wir die natürliche Helligkeit länger genießen und müssen keinen Strom für künstliches Licht benutzen«, erklärt Rabbiner Yacov Zinvirt den Gedanken dahinter.
Die Idee ist jedoch umstritten. Ein Gegenargument lautet: Die Energie, die nicht für Strom zur Beleuchtung verwendet wird, braucht man stattdessen für das Heizen am Morgen. Viele Menschen klagen zudem über gesundheitliche Probleme, die durch die Zeitumstellung verursacht werden, wie etwa Schlafstörungen oder Konzentrationsschwierigkeiten. Einer Forsa-Umfrage zufolge halten 73 Prozent der Deutschen die Zeitumstellung sogar für überflüssig.
Israel Nicht nur in Deutschland ist die Sommerzeit umstritten. Auch in Israel sorgt das Thema für Diskussionen. Neben den wirtschaftlichen und gesundheitlichen Faktoren kommt dort auch der religiöse Aspekt hinzu.
So wird seit Jahren darüber gestritten, ob die Uhren vor oder nach Jom Kippur umgestellt werden sollen. Besonders die religiösen Parteien plädieren dafür, schon vor den Hohen Feiertagen zurück zur Winterzeit zu wechseln. Zwar hat der Tag unabhängig von Winter- oder Sommerzeit gleichbleibend viele Stunden, der Feiertag endet in der Winterzeit jedoch wegen der früheren Dunkelheit eher – und damit endet auch das Fasten früher.
Den orthodoxen Parteien zufolge soll dies direkte Auswirkungen auf das religiöse Verhalten der israelischen Bevölkerung haben. 2011 behaupteten sie, dass mehr Menschen an Jom Kippur gefastet hätten, weil die Zeit zuvor umgestellt wurde.
Schabbat Auch in Deutschland werden Gottesdienste und Gebete durch die Zeitumstellung beeinträchtigt. Besonders auf die täglichen Gebete hat die Uhrzeit Auswirkungen. Allein aus organisatorischen Gründen wird etwa das Morgengebet durch die Zeitumstellung erschwert. »Die Menschen müssen schon längst arbeiten, wenn die Sonne aufgeht und das Schacharit gebetet werden soll«, beschreibt Rabbiner Zinvirt das Problem. Daran, so gibt er zu, habe aber nicht nur die Zeitumstellung Schuld. Die Tage werden im Winter schließlich auf ganz natürliche Weise kürzer. In Gemeinden, die die Zeiten des Nachmittagsgebets nicht wöchentlich ändern, entstünden so jedoch große Unterschiede: »Wenn das Nachmittagsgebet zu jeder Jahreszeit um 17 Uhr stattfindet, ist es im Sommer noch heller Tag, aber im Winter schon dunkel.«
David Geballe, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Fürth beobachtet, dass besonders die Rentner und Schüler von der Winterzeit profitieren. »Für sie ist es kein Problem, rechtzeitig zu einem frühen Freitagabendgebet zu erscheinen. Manchmal ist es ihnen sogar angenehmer!«
Für die berufstätigen Beter stelle der frühe Schabbatbeginn jedoch ein Problem dar. »Wenn wir im Winter irgendwann um 20 nach Vier beginnen müssen, wird es schwierig.« Die Anzahl der Beter sei aber weniger von günstigen Gebetszeiten als vielmehr vom Wetter abhängig, glaubt der Fürther Gemeinderabbiner.
In der Jüdischen Gemeinde in Leipzig soll es trotz der Winterzeit bei etwa den gleichen Gebetszeiten bleiben, sagt Rabbiner Zsolt Balla. »Die Gemeinde hält natürlich weiterhin Schabbat, aber mit den Gebeten werden wir etwas später als vorgesehen beginnen, sonst schaffen es viele Gemeindemitglieder nicht rechtzeitig zu uns.« Balla freut sich zudem, dass es im Winter die Chance gibt, die langen Abende nach Schabbatbeginn gemeinsam zu nutzen. »Wir haben vor, die Zeit besonders den Jugendlichen der Gemeinde zu widmen.« Interessante Unterrichtsstunden und auch »Oneg Schabbat« sind geplant.