Der österreichische Sänger, Schriftsteller, Dokumentarfilmer und Showproduzent André Heller ist dieser Tage als Gartenkünstler gefragt. Er habe Angebote, Parks in aller Welt zu gestalten, erzählt er in einem Gespräch, das an seinem 75. Geburtstag am 22. März im österreichischen Sender ORF ausgestrahlt wird.
Reiche Menschen wollten nicht mehr nur Geld vermehren, sondern auch Orte hinterlassen, wo »ihre Enkelkinder spazieren gehen können und sagen: Das ist Heilung, das ist Inspiration, das ist Auszittern, das ist Schönheit, das ist Duft, das ist Kühle, das ist Genauigkeit, das ist Vielfalt.«
Marokko Heller lebt seit einigen Jahren nicht nur in Wien, sondern auch in Marokko. Dort hat er am Rand von Marrakesch am Fuße des schneebedeckten Atlasgebirges einen Park mit Palmen, Orchideen, Papyruspflanzen und Skulpturen gestaltet. Zuvor hatte Heller bereits eine ähnlich üppige Anlage am Gardasee betrieben und wieder verkauft. Weitere Gartenprojekte seien am Laufen, sagt Heller, ohne Details zu nennen.
Für den Universalkünstler lassen sich seine Musik, seine Zirkusprojekte, seine Shows mit afrikanischen und chinesischen Künstlern und seine Arbeit mit der Natur auf einen Nenner bringen. »Es gibt Dinge, die uns stärken, die uns ermutigen und die uns fähiger machen«, sagt er. Den Menschen, die in seine Welten eintreten, solle es nachher besser gehen als vorher.
»Ich habe mir immer den Traum erfüllt, mit den Besten der Besten zu versuchen, ein Bester zu sein.«
André Heller
Im kollektiven Gedächtnis Deutschlands ist Heller allerdings nicht wegen seines grünen Daumens, sondern wegen des Satzes »Die Welt zu Gast bei Freunden«. Heller dachte sich den Slogan für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland aus. Der Österreicher hatte den Auftrag, das kulturelle Rahmenprogramm zu gestalten. Schon bei der deutschen Projektpräsentation vor dem Weltverband FIFA nutzte Heller seine Kreativität und seine Kontakte: Der damalige Kanzler Gerhard Schröder, Supermodel Claudia Schiffer, Tennis-Star Boris Becker und Ex-Nationalspieler Günter Netzer traten gemeinsam in Zürich als stumme »Daumendrücker« für die deutsche Bewerbung auf.
Judentum Fußball gehört jedoch eigentlich nicht zu André Hellers vielen Talenten. Er wuchs nicht am Sportplatz auf, sondern in einer Familie von Süßwarenfabrikanten, in der Kultur und Bildung einen hohen Stellenwert hatten. Sein Vater, der vom Judentum zum Katholizismus konvertiert war, floh vor den Nationalsozialisten aus Österreich und verbrachte auch nach dem Weltkrieg die meiste Zeit im Ausland.
Der kleine André litt als Schüler in einem Jesuiten-Internat und sah in seinem Vater einen von Krieg und Drogen gezeichneten Tyrann. Andrés eigenständiger kreativer Geist wurde davon jedoch nicht erstickt, sondern bestärkt: »Ich verstand, dass ich die wesentlichen Entscheidungen nicht mehr Vater und Mutter oder heiligen Vätern und Gottesmüttern überlassen durfte«, schrieb Heller in seiner autobiografisch geprägten Erzählung »Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein«.
Heller machte seinen Weg: Er arbeitete bei Österreichs erstem Pop-Sender im öffentlich-rechtlichen Radio mit, trat als Liedermacher auf und gründete Mitte der 70er Jahre den Zirkus Roncalli mit Bernhard Paul, mit dem er sich jedoch bald zerstritt. Heller entwickelte sich danach zu einem Impresario von künstlerisch aufgeladenen Varieté-Shows, Feuerwerken und Produktionen wie »Begnadete Körper« und »Afrika! Afrika!«, für die er chinesische und afrikanische Artisten nach Europa holte.
Roy Lichtenstein »Ich habe mir immer den Traum erfüllt, mit den Besten der Besten zu versuchen, ein Bester zu sein«, sagte Heller kürzlich bei einem Konzert mit österreichischen Musikern, das vom ORF in seiner Wohnung aufgezeichnet wurde. Dieses Konzept trieb er 1987 auf die Spitze, als er den avantgardistischen Rummelplatz Luna Luna in Hamburg schuf: Künstler von Salvador Dalí bis Roy Lichtenstein und Jean-Michel Basquiat steuerten die Kunst bei, und Herbert von Karajan lieferte die Musik, schreibt Hellers Biograf Christian Seiler.
Heller gestaltet seit Jahren immer öfter auch Projekte, bei denen er nicht mehr ständig im Mittelpunkt steht: Hauskonzerte, ein Kinderbuch und eine Reihe von intimen Interviews - darunter der Film »Im Toten Winkel« (2002), in dem Hitlers Sekretärin Traudl Junge zu Wort kam. Zu seinem Geburtstag zieht es ihn aber doch auf eine große Bühne: Der Künstler sei in Berlin, um erneut an seiner Produktion von Richard Strauss‹ »Rosenkavalier« zu arbeiten, die nach pandemiebedingter Pause ab dem 20. März wieder an der Staatsoper erklingt, hieß es aus seinem Büro in Wien.