NS-Zeit

Villa Schleyer

Es ist schon erstaunlich, wie Erich Später deutsche Geschichte erzählt. Es ist die Geschichte des Sudentenlandes. Die Nazis besetzen Böhmen und Mähren, jene Land-striche der noch jungen Demokratie Tschechoslowakei mit einem großen deutschen Bevölkerungsanteil. Der angebliche Schutz der deutschen Bevölkerung bedroht vor allem die 80.000 Juden des Landes. Später berichtet akribisch von ihrer Entrechtung, Verfolgung und Ermordung. Wie eine Flutwelle ergreift das Naziregime Land und Leute. Die Nazischergen eignen sich wichtige Funktionen im Beamtenapparat, in Banken und Universitäten an.

Nüchtern, detailliert und faktenreich erzählt Erich Später, wie das nationalsozialistische Herrschaftsregime mehr und mehr alle Gesellschaftsgebiete erfasst. Exemplarisch stehen hierfür die Geschehnisse um die Villa des jüdischen Bankiers Waigner. Emil Waigner wird wegen angeblichen Verschiebens jüdischen Besitzes verhaftet und stirbt schließlich im KZ Mauthausen. Seine Frau Marie wird in Auschwitz ermordet. Vom jüdischen Besitz profitieren die neu etablierten deutschen Funktionäre. Zunächst der einflussreiche Universitätsrektor Friedrich Klausing. Nach dessen erzwungenem Selbstmord – Klausings Sohn Karl Friedrich gehört zum Kreis der Hitler-Attentäter vom 20. Juli – zieht ein zweiter aufstrebender junger Studentenführer mit seiner Familie in die Prager Villa ein: Hanns Martin Schleyer – jener Mann, der im »Heißen Herbst« 1977 von Mitgliedern der RAF entführt und ermordet werden wird und den viele Menschen nur in dieser Opferrolle kennen.

Darüber hinaus verschweigt Erich Später aber auch nicht die Folgen der Besetzung des Sudentenlandes, die sich in der Nachkriegs-Tschechoslowakei vor allem in Racheakten an Deutschen und in tragischer Weise auch an Überlebenden der Schoa Bahn brechen. Eindeutiger, spannender und kenntnisreicher hat man dieses Kapitel der deutschen Geschichte wohl noch nicht gelesen.

Erich Später: Villa Waigner. Hanns Martin Schleyer und die deutsche Vernichtungselite in Prag 1939–45. Konkret Texte 50, Hamburg 2009, 100 S., 12,00 €

Eurovision Song Contest

Spanien bekräftigt seine Boykottdrohung für ESC

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders RTVE gibt sich kompromisslos: José Pablo López wirft Israel einen »Genozid« in Gaza und Manipulationen beim Public Voting vor und droht erneut mit dem Austritt

 28.11.2025

Imanuels Interpreten (15)

Elvis Presley: Unser »King«

Fast ein halbes Jahrhundert nach Elvis’ Tod deutet viel darauf hin, dass er Jude war. Unabhängig von diesem Aspekt war er zugleich ein bewunderns- und bemitleidenswerter Künstler

von Imanuel Marcus  28.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 27.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 27. November bis zum 3. Dezember

 27.11.2025

Fernsehen

Zieht Gil Ofarim ins Dschungelcamp? 

RTL kommentiert noch keine Namen - doch die Kandidaten-Gerüchte um Gil Ofarim und Simone Ballack sorgen schon jetzt für reichlich Gesprächsstoff

von Jonas-Erik Schmidt  27.11.2025

Rezension

Ein Feel-Good-Film voller kleiner Wunder

Ein Junge, der nicht laufen kann, Ärzte, die aufgeben, eine Mutter, die unbeirrt kämpft. »Mit Liebe und Chansons« erzählt mit Herz und Humor, wie Liebe jede Prognose überwindet

 27.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  27.11.2025

Kino

Echte Zumutung

Ronan Day-Lewis drehte mit seinem Vater Daniel als Hauptfigur. Ein bemühtes Regiedebüt über Gewalt und Missbrauch

von Maria Ossowski  27.11.2025