Fernsehen

Viele Jahre bis zum großen »Hallelujah«

Leonard Cohen Foto: picture alliance / empics

An seinem Song »Hallelujah« soll er mindestens sieben Jahre gefeilt haben. Zum 90. Geburtstag des kanadischen Sängers und Komponisten Leonard Cohen zeigt Arte einen Tag zuvor, am 20. September ab 21.45 Uhr, ein dokumentarisches Porträt. »Hallelujah: Leonard Cohen, ein Leben, ein Lied« zeichnet ausführlich die wechselvolle Karriere eines kanadischen Künstlers mit seinen jüdischen Wurzeln nach.

Cohen war bereits ein erfolgreicher Schriftsteller (»Beautiful Losers«, »Blumen für Hitler«), bevor er sich entschloss, eine Art moderner Minnesänger zu werden. Sehr schön zu beobachten ist der indignierte Blick von Cohen, als er in einem Interview als »Popsänger« bezeichnet wird.

Immerhin verzichtet er darauf, sich selbst vorzustellen, weil er (zu Recht) davon ausgehen kann, dass die meisten Menschen seine exzentrische Karriere am Rande der Musikindustrie mehr oder weniger aufmerksam verfolgt haben. So begründet er sein mehrjähriges Sabbatical in einem Zen-Kloster nicht nur mit einem Alkoholproblem, sondern auch damit, dass er dem Showbusiness keine Zukunft mehr zutraute.

Fehlschläge und erstaunliche Comebacks

Damit die von diversen Krisen, Affären, Fehlschlägen, Depressionen und erstaunlichen Comebacks gekennzeichnete Karriere nicht in einem »und dann und dann« verläppert, haben die Filmemacher einen der bekanntesten Cohen-Songs ins Zentrum der Erzählung gerückt: »Hallelujah« vom Comeback-Album aus dem Jahr 1984, »Various Positions«. Die Geschichte dieses Songs und des Albums ist zwar bekannt - aber so gut, dass man sie sich gerne noch einmal ausführlich erzählen lässt.

Man erfährt so, dass Cohen viele Jahre an dem Text feilte, unzählige Strophen verfasste und verwarf, schließlich eine spirituell religiöse Fassung und eine säkulare Version entwickelte, die er bevorzugt live performte. Man erfährt auch, dass die Arbeit am Album von den Beteiligten als äußerst befriedigend erfahren und als »Chef d’Oeuvre« wahrgenommen wurde. Nur nicht vom Chef des »Columbia«-Labels, der sich schlicht weigerte, das Album in den USA zu veröffentlichen. So blieb »Hallelujah« zunächst unerhört, um dann auf Umwegen eine erstaunliche Karriere zu machen, deren Stationen mit Namen wie John Cale, Jeff Buckley, Shrek oder Rufus Wainwright verbunden sind.

Triumphales Comeback

Einmal populär geworden, geriet die doppelbödige Hymne dann aber unversehens zu einer Nummer-Sicher-Sache für Emotionen auf Knopfdruck, die den Song schwer erträglich machte. Ironischerweise wurde die populärste Komposition von Cohen lange nicht mit seinem Namen verbunden, sondern mit dem seines Interpreten: eben dem früh verstorbenen Jeff Buckley.

Als Cohen einmal sagt, dass er es vorziehen würde, wenn der Song eine Zeit lang nicht mehr gesungen werden würde, wertet der Film das als koketten Witz. Der Musiker könnte damit aber durchaus richtig gelegen haben, wenn man sieht, wie all die Interpret:innen ihren eigenen Senf zu dem Lied beisteuern. Richtiger jedenfalls als mit der Wahl seiner Managerin, die 2004 sein Vermögen veruntreute, was den damals 70-Jährigen dazu zwang, nach 15 Jahren wieder auf Tournee zu gehen. Die wiederum bescherte ihm ein triumphales Comeback und führte seine Karriere zu einem späten Höhepunkt.

Augenzwinkernde Ironie

All dies breitet der Film bis hin zum Tod des Künstlers im November 2016 mit zahlreichen Zeitgenossen, Weggefährtinnen und reichlich Archivmaterial derart minutiös aus, dass man kaum umhin kommt, nach »Hallelujah: Leonard Cohen, ein Leben, ein Lied« alte Cohen-Platten rauszusuchen, um sich auf eine nachholende Spurensuche zu begeben. Es muss ja nicht unbedingt »Hallelujah« sein. Denn auch der Hintergrund der viel gepriesenen spirituellen Suche von Leonard Cohen hat sich in der letzten, sehr entspannten Werkphase in eine augenzwinkernde Ironie transformiert. Nicht zum Schaden des Künstlers.

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  25.04.2025

100 Jahre "Der Prozess"

Was Kafkas »Der Prozess« mit KI und Behörden-Wirrwarr gemeinsam hat

Seine Liebesworte gehen auf TikTok viral. Unheimlich-groteske Szenen beschrieb er wie kein Zweiter. In Zeiten von KI und überbordender Bürokratie wirkt Franz Kafkas Werk aktueller denn je - eben kafkaesk

von Paula Konersmann  25.04.2025

Reykjavik

Island fordert Ausschluss Israels vom ESC

Das Land schließt sich damit der Forderung Sloweniens und Spaniens an. Ein tatsächlicher Ausschluss Israels gilt jedoch als unwahrscheinlich

 25.04.2025

Popkultur

Israelfeindliche Band Kneecap von zwei Festivals ausgeladen

Bei Auftritten verbreiten die irischen Rapper Parolen wie »Fuck Israel«. Nun zogen die Festivals Hurricane und Southside Konsequenzen

von Imanuel Marcus  25.04.2025

Berlin/Brandenburg

Filmreihe zu Antisemitismus beim Jüdischen Filmfestival

Das Festival läuft vom 6. bis 11. Mai

 25.04.2025

Fernsehen

Ungeschminkte Innenansichten in den NS-Alltag

Lange lag der Fokus der NS-Aufarbeitung auf den Intensivtätern in Staat und Militär. Doch auch viele einfache Menschen folgten der Nazi-Ideologie teils begeistert, wie eine vierteilige ARD-Dokureihe eindrucksvoll zeigt

von Manfred Riepe  24.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Imanuels Interpreten (8)

Carly Simon: Das Phänomen

Die Sängerin und Songschreiberin mit jüdisch-deutschem Familienhintergrund führt ein aufregendes, filmreifes Leben – Verbindungen zu einer singenden Katze, einem rollenden Stein, zu Albert Einstein und James Bond inklusive

von Imanuel Marcus  24.04.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus  24.04.2025