Technik

Vertrauen ist gut, Künstliche Intelligenz ist besser

Der Kauf von Gebrauchtwagen: bald keine Glückssache mehr? Foto: UVEye

Gebrauchtwagenkauf ist oft Glückssache. Egal, ob das Fahrzeug von privat oder beim Händler des Vertrauens erworben wird, eine hundertprozentige Garantie dafür, dass man sich keine Gurke hat andrehen lassen, die bald schon wieder in der Werkstatt steht, gibt es nicht. Und selbst Personen, die ein hohes Maß an Technikverständnis mitbringen, können nicht immer erkennen, ob es beispielsweise minimale Ölundichtigkeiten an Motor, Getriebe oder Gelenkwellen gibt.

Genau da kommt UVEye ins Spiel. Das 2016 in Tel Aviv von den Brüdern Amir und Ohad Hever gegründete Unternehmen, das heute 150 Mitarbeiter zählt, hatte sich anfangs auf Lösungen fokussiert, die sich rund um das Thema Sicherheit drehten. Erstes Produkt in der Pipeline war Helios, eine Art Scanner, der mit fünf Kameras ausgerüstet Autos oder Lkws von unten daraufhin checken kann, ob sich Sprengstoff oder Schmuggelware am Fahrzeugunterboden befinden. Bald schon erkannte man das Potenzial in einem anderen Bereich, und zwar bei der Fehlerdiagnose von allem, was Räder hat.

Entwicklung Atlas ist eine weitere UVEye-Entwicklung und gleichzeitig das anspruchsvollste System. Es ermöglicht einen 360-Grad-Scan, der allerkleinste Kratzer im Lack, Beulen in der Karosserie oder auch Haarrisse in Leitungen erkennt. Dafür bewegt man das Fahrzeug durch eine Art Torbogen voller Technik, der das Auto im wahrsten Sinne des Wortes durchleuchtet. Und mit Artemis gibt es einen weiteren Scanner, der Reifen auf ihr Alter und möglichen Verschleiß hin überprüft.

»Unsere Produkte helfen den Servicetechnikern von Neu- und Gebrauchtwagenhändlern, Probleme schnell zu erkennen und Wartungs- und Reparaturarbeiten zu beschleunigen«, skizziert Amir Hever das Geschäftsmodell. »UVEye-Systeme erstellen außerdem digitale Fahrzeugzustandsberichte mit Fotos in HD-Qualität, die an die Kunden des Autohauses weitergegeben werden können«, so der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens weiter.

Aber nicht nur bei Kfz-Händlern dürften die Geräte bald verstärkt Verwendung finden. Auch im Fuhrparkmanagement von Speditionen oder Carsharing-Anbietern würden sie Wartung und Inspektion revolutionieren, weil alles blitzschnell und ohne größeren Personalaufwand geschieht. Und Autovermietungen könnten dank UVEye-Technik die nervigen und oft nachlässig gehandhabten Über- und Rückgabeprozesse von Leihwagen in Sekunden über die Bühne bringen.

Die Technik der UVEye-Scanner arbeitet im Wechselspiel mit Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen.

Die Technik der UVEye-Scanner arbeitet im Wechselspiel mit Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen. »Es brauchte eine gewisse Zeit, dem Algorithmus beizubringen, wie er Defekte selbst finden kann«, erklärt Yaron Saghiv. »Denn der Algorithmus ist keinesfalls katalogbasiert und vergleicht das Fahrzeug mit anderen, sondern lernt, wie die verschiedenen Teile eines Autos oder Trucks zu betrachten sind«, so der Marketing-Chef von UVEye.

Nachdem er dann viele Fahrzeuge auf der Komponentenebene gesehen hat, also beispielsweise Auspuff, Reifenseiten, Fahrgestell oder Karosserieteile, hat der Algorithmus verstanden, was dort idealerweise vorhanden sein sollte, und identifiziert Anomalien in der Farbe, Struktur oder Größe.

giganten Einige Giganten der Autoindustrie konnte man bereits mit seinem Konzept überzeugen. 2019 machten Volvo und Toyota Tsusho, die konzerneigene Handelsfirma des japanischen Kfz-Herstellers, 31 Millionen Dollar locker, die sie in das israelische Unternehmen investierten. Es folgten viele weitere Millionen, unter anderem von Hyundai und General Motors. Bis dato hat UVEye rund 150 seiner Geräte installieren können, zwei Drittel davon in den Vereinigten Staaten. Doch es dürften in Zukunft deutlich mehr werden.

Vor wenigen Tagen unterzeichneten die Israelis mit CarMax, dem größten Gebrauchtwagenanbieter in den USA, einen Deal. So sollen dort die Scanner und die KI von UVEye zum Einsatz kommen. Ebenso werden die Geräte bald bei vielen Hundert Händlern von General Motors stehen. Der Kauf eines Second-Hand-Fahrzeugs dürfte also bald keine Glückssache mehr sein.

Sehen!

»Die Passagierin«

Am Deutschen Nationaltheater in Weimar ist eine der intelligentesten Nachinszenierungen von Mieczyslaw Weinbergs Oper zu sehen

von Joachim Lange  21.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Aufgegabelt

Mazze-Sandwich-Eis

Rezepte und Leckeres

 18.04.2025

Pro & Contra

Ist ein Handyverbot der richtige Weg?

Tel Aviv verbannt Smartphones aus den Grundschulen. Eine gute Entscheidung? Zwei Meinungen zur Debatte

von Sabine Brandes, Sima Purits  18.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  18.04.2025

Kulturkolumne

Als Maulwurf gegen die Rechthaberitis

Von meinen Pessach-Oster-Vorsätzen

von Maria Ossowski  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  17.04.2025

Sachsenhausen

Gedenken an NS-Zeit: Nachfahren als »Brücke zur Vergangenheit«

Zum Gedenken an die Befreiung des Lagers Sachsenhausen werden noch sechs Überlebende erwartet. Was das für die Erinnerungsarbeit der Zukunft bedeutet

 17.04.2025