An Ägypten und der Beurteilung der jüngsten Entwicklungen in dem Land scheiden sich die Geister: Erst Anfang dieses Monats wurde in vielen deutschen Medien heftig darüber debattiert, ob die Bundesregierung mit einem Politiker wie dem ägyptischen Staatschef al-Sisi überhaupt reden sollte. Der habe doch »Blut an den Händen«, weil er vor zwei Jahren die Muslimbruderschaft gestürzt und Ex-Präsident Mohammed Mursi sowie viele seiner Anhänger zum Tode verurteilt hat, war überall zu lesen.
Ein weitaus freundlicheres Bild des arabischen Staates entwirft dagegen jetzt eine neue Daily Soap des ägyptischen Staatsfernsehens, die den gläubigen Muslimen die Pein des heute beginnenden Fastenmonats Ramadan versüßen soll. Haret al-Yahood (Das jüdische Viertel) spielt Anfang der 50er-Jahre, als Israel sich gerade zu konsolidieren begann und in Kairo die verknöcherte Monarchie durch eine Militärregierung des charismatischen Politikers Gamal Abdel Nasser gestürzt wurde.
Nationalismus In 25 Folgen dreht sich alles um die verbotene Liebe zwischen Ali, einem Offizier der ägyptischen Armee (Iyad Nassar), und Laila, einer jungen Jüdin (Menna Shalabi). Im Hintergrund dieser modernen Romeo-und-Julia-Variante ziehen nicht nur die Wolken der Geschichte mit dem eskalierenden arabisch-israelischen Konflikt und dem Beginn des pan-arabischen Nationalismus auf. Es ersteht auch das nostalgisch gefärbte Bild einer ebenso friedlichen wie selbstverständlichen jüdisch-arabischen Koexistenz und des Lebens in den jüdischen Vierteln Kairos wieder auf.
Die meisten der rund 60.000 Juden, die in den 50er-Jahren noch in Ägypten lebten, mussten nach der Suez-Krise 1956 fliehen. »Wir haben unser ganzes Leben hier verbracht und nie Rassismus erlebt«, sagt eine ältere Figur im Film. Es gibt aber auch einen fanatischen jungen Zionisten, der wütend wird, als sein Vater »Palästina« statt »Israel« sagt. Die Serie stellt die ägyptischen Juden der 50er-Jahre sonst durchweg sympathisch dar. Gezeigt wird ein kosmopolitisches Ägypten voller Weltoffenheit und Toleranz, in dem Religion Privatsache war.
Die politische Aktualität solcher Szenarien liegt auf der Hand: Ägypten muss zurück in die Jahre des jungen Nasser, zurück in eine Zeit, in der Religion aus der Politik und dem öffentlichen Leben ausgeschlossen war – so lautet die klare Botschaft. »Damals war Ägypten groß«, erklärt auch Medhat El Adl, der Autor der Serie. »Es geht nicht speziell um Juden, sondern um das Zusammenleben zwischen Muslimen, Juden und Christen – sie waren alle Ägypter.« Die eigentlichen Schurken in der Serie sind daher auch die Islamisten.
anti-israelisch Juden und Jüdisches sind in Ägyptens Ramadan-Serien übrigens längst nicht zum ersten Mal Thema: Erst 2012 wurde die Serie Naji Atallah’s Team zum Renner. Darin werden ägyptische Gangster zu Helden, weil sie eine israelische Bank ausrauben. Israel erscheint als durch und durch rassistisches Land. 2002 spielte Knight Without a Horse im Ägypten des Jahres 1932 und stellte die antisemitische Verschwörungstheorien der Protokolle der Weisen von Zion ins Zentrum. Das sorgte seinerzeit sogar für eine diplomatische Krise, als Israels Botschafter kurzzeitig aus Kairo zurückgezogen wurde.
Auch heute noch ist das Bild Israels in Ägypten nicht ganz so rosarot. Vorige Woche wurde bekannt, dass die Hauptdarstellerin Menna Shalabi sich in einer Presseerklärung von Israel distanzierte: »Die Serie zeigt Ägypten zu einer bestimmten Zeit«, sagte Shalabi. »Es gibt natürlich einen großen Unterschied zwischen Israel und dem Judentum.«