Aus dem alten Persien ist er zu uns gekommen. Der Granatapfel, leuchtend rot und ziemlich mühsam zu schälen. Eine Frucht, nicht nur reich an Vitaminen und Nährstoffen, sondern auch an Bedeutung. Denn wer sie zu Rosch Haschana vernascht, dem gehen im neuen Jahr genauso viele Wünsche in Erfüllung, wie darin Kerne enthalten sind, heißt es.
Granatäpfel – hebräisch: Rimonim – werden ebenfalls mehrfach in der Bibel erwähnt, demnach hat ein perfektes Exemplar exakt 613 Kerne, was der Anzahl der Mizwot in der Tora entspricht. Zudem soll Saul, der erste König Israels, eine Zeit lang unter einem Granatapfelbaum gelebt haben, und im Hohelied Salomos dient die Frucht mehrfach als Metapher für die Schönheit einer Frau.
Last but not least wird dem Granatapfel aber auch eine ausgesprochen gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt. Über 250 wissenschaftliche Studien haben sich damit bereits beschäftigt, vor allem die Polyphenole aus fermentiertem Granatapfelsaft sollen es in sich haben und beispielsweise die Heilung von Prostatakrebs unterstützen. Bei äußerlicher Anwendung kann sein Fruchtextrakt sogar das Wachstum von Hauttumoren hemmen, das fanden vor einigen Jahren Forscher der University of Wisconsin heraus. Und der Libido soll die Frucht auch guttun.
wunderkräfte »Granatäpfeln werden wahre Wunderkräfte nachgesagt«, erklärt Professor Michael Aviram von der Rappaport Faculty of Medicine und dem Rambam Medical Center, die zum renommierten Technion in Haifa gehören. »In der Tat enthalten sie deutlich mehr antioxidative Wirkstoffe als etwa Rotwein, Tomaten, grüner Tee oder sonst eines der vielen Nahrungsmittel, die immer wieder für Schlagzeilen sorgen.«
Aviram weiß, wovon er spricht, denn er selbst beschäftigt sich schon seit über 25 Jahren mit diesen Früchten. Entsprechend eindrucksvoll ist die Liste seiner Publikationen rund um das Thema Granatapfel. So hatte er bereits 2005 in der Fachpresse für Aufregung gesorgt, als er in einer dreijährigen Studie an 19 Patienten mit Bluthochdruck sowie einer aufgrund von Arteriosklerose verengten Halsschlagader nachwies, dass bereits täglich 50 Milliliter Saft der roten Frucht ausreichen, um den systolischen Wert um durchschnittlich 20 Prozent zu senken.
Besondere Aufmerksamkeit widmete er fortan den Flavonoiden, den roten Pflanzenfarbstoffen, sowie dem reichlich enthaltenen Vitamin C. Beides zusammen helfe nicht nur bei der Stärkung der Abwehrkräfte, sondern kann darüber hinaus Entzündungen abschwächen. Für das menschliche Herz-Kreislauf-System sind Flavonoide aber auch deshalb so wichtig, weil sie die Blutgerinnung zu hemmen vermögen. »Dadurch sinkt der oxidative Stress, der zu einer Schädigung der zellulären und extrazellulären Makromoleküle führt, was den Alterungsprozess des Körpers und die Herausbildung von Arteriosklerose beschleunigen kann.«
cholesterin Aber selbst die Wirkung eines Granatapfels lässt sich noch steigern. Und zwar, indem man ihn zusammen mit der Frucht einer anderen, ebenfalls uralten orientalischen Kulturpflanze konsumiert: der Dattel. Diese wiederum steht im Ruf, den Spiegel des schlechten LDL-Cholesterins zu senken, das sich sonst in den Wänden der Arterien einlagert und dort zu Entzündungen und letztendlich zu einer Versteifung der Blutgefäße führt. »Auch das war eigentlich längst bekannt«, so Aviram, der Forscher aus Haifa. »Wir kamen nun auf die Idee, beides zu kombinieren und zu schauen, wie dann die Wirkung aussieht.«
In einer Reihe von Tests an Zellkulturen sowie Mäusen mit Arteriosklerose entdeckte das Forscherteam aus Haifa, dass beim Einsatz einer Mischung aus Granatapfelsaft, dem Fruchtfleisch und den pürierten Kernen von Datteln ein guter Schutz vor der weiteren Ausbildung von Arteriosklerose aufgebaut werden konnte. »Der oxidative Stress konnte in den Arterienwänden um satte 33 Prozent gesenkt werden, und der arterielle Cholesterinspiegel ging um 28 Prozent zurück«, berichtet der Wissenschaftler stolz. Das Risiko, einen Herzinfarkt oder gar einen Schlaganfall zu erleiden, lässt sich durch den täglichen Verzehr von Granatapfelsaft sowie das Essen von Datteln also ohne größeren Aufwand reduzieren. »Ein halbes Glas davon in Kombination mit drei Datteln reicht schon aus.«
Die Kerne lassen sich zwar zu einer Art Paste verarbeiten, wem das jedoch zu aufwendig ist, der ist mit den beiden anderen Früchten schon gut bedient. »Aber die Mischung ist wichtig«, betont Aviram. »Beides separat eingenommen, führt bei Weitem nicht zum gewünschten Erfolg.«
Antioxidantien In Deutschland scheint man Ergebnissen wie denen aus Israel noch ein wenig skeptisch gegenüberzustehen. Zwar zweifelt niemand daran, dass im Granatapfel reichlich Antioxidantien stecken. »Diese Substanzen sollen an den Herzkranzgefäßen eine schützende Wirkung gegenüber LDL-Cholesterin entfalten, welches zur Gefäßverkalkung führt«, erklärte jüngst Professor Wolfram Delius, ein Kardiologe aus München.
Aber ob nun der Genuss der quietsche-roten Früchte wirklich Herz-Kreislauf-Erkrankungen langfristig positiv beeinflussen kann, will er nicht bestätigen. Zu dünn sei die Beweislage derzeit. Aber schaden tut der Granatapfel auf keinen Fall, und lecker ist er zudem. Das beweisen die vielen Rezepte, die es mittlerweile gibt. Ansonsten gilt auch weiterhin: »An apple a day keeps the doctor away.« Mit Gültigkeit künftig auch für »pomegranate«, den Granatapfel.