Alles hat er vorausgesehen und vorhergesagt: Skype, ferngesteuerte Flugzeuge, die Funkuhr, Aufzeichnungsgeräte mit Stimmerkennung, Radar, Sonnenkollektoren, Flachbildschirme, Mobilfunk, Fax und SMS. Hugo Gernsback war ein Prophet. Wirklich? Nein, nur ein sehr aufgeschlossener, technisch gebildeter Mann, der so ganz nebenbei 1929 auch den Begriff »Science-Fiction« erfunden hat.
Gernsback wurde 1884 als Hugo Gernsbacher in Luxemburg geboren (er starb 1967 in New York) und stammte aus einer begüterten jüdischen Weinhändlerfamilie, die ursprünglich aus Bühl kam, einem kleinen Dorf südlich von Karlsruhe, in der Nähe liegt der Ort Gernsbach. Schon der Achtjährige experimentierte mit einer galvanischen Batterie und einer Klingel, von der kleine grüne Funken sprangen.
Klingelanlage Mit 13 installierte er in einem benachbarten Karmeliterkloster eine ganze Klingelanlage – das Empfehlungsschreiben, das er dafür bekam, ist erhalten und weist ihn als »Electricien ›in spe‹« aus. Zu sehen ist es jetzt in einer kleinen Ausstellung des Zentrums für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe. Die dort gezeigten Bücher, Zeichnungen und Zeitschriften erinnern an einen Mann, der so vielseitig wie unbeirrbar war und auch bei Fehlschlägen so leicht nicht aufgab.
Im Alter von 19 Jahren wanderte Hugo Gernsbacher in die USA aus. Er wohnte zunächst bei seinem Vetter David Auerbach, Besitzer einer Schokoladen- und Süßwarenfabrik. Später kamen auch Hugos Bruder Sally, der sich dann Sidney nannte, und seine Mutter Bertha in die USA. Der Vater war bereits 1903 gestorben.
Bald kam Hugo auf die Idee, Elektroteile zu importieren und zu verkaufen, sodass sich Bastler ihre Radios und Funkgeräte, sogar eine komplette Sendestation, zusammenbauen konnten – das alles zu einem moderaten Preis. Erfolg- und folgenreich waren vor allem die Versandkataloge, die Gernsback gratis verschickte. Darin waren nicht nur die Produkte seiner »Electro Importing Company« aufgelistet.
Er berichtete auch über neue Forschungsergebnisse zu Elektrizität, drahtloser Kommunikation, Funktechnik und Radio. Mit dieser Mischung gelang es Gernsback vor allem, die amerikanische Jugend zu begeistern und das junge Medium Radio populär zu machen. Radio for all (»Radio für alle«) war der Titel eines seiner viel gelesenen Bücher. In Magazinen wie »Modern Electrics«, »Electric Experimenter« und »Science and Invention« schrieb er jahrzehntelang über die moderne Technik, immer mit dem Ziel, dass sie für möglichst viele anwendbar sein sollte.
magazine Gernsback wäre dennoch heute vielleicht vergessen, wäre da nicht seine andere Seite. Er war auch Autor von Science-Fiction-Romanen wie Ralph124C41+ (ausgesprochen: »Ralph One To Forsee for Another« (Ralph, der für die anderen vorhersagt) und Verleger von Sci-Fi-Magazinen. Für Gernsback ging es dabei stets mehr um Science als um Fiction: »Extravagant fiction today – cold fact tomorrow« lautete sein Motto – »Heute extravagante Fiktion, morgen harte Wirklichkeit«.
Erstaunlich ist in der Tat, wie nah Hugo Gernsback mit manchen seiner Spekulationen heutige Realität vorwegnahm. So beschrieb er vor 100 Jahren, wie man einen Flachbildschirm nur auf biologischer Basis konstruiert. In seinen Zeitschriften »Amazing Stories«, »Science Wonder Stories« und später »Science-Fiction Plus«, für die auch William Rice Burroughs und H.G. Wells schrieben, legte er den Grundstein für die heutige SciFi-Industrie von Hollywood.
Steven Spielberg und George Lucas haben die Magazine in ihrer Jugend verschlungen. Dass Hugo Gernsback in den 60er-Jahren auch noch Sexualaufklärung betrieb, sei nebenbei erwähnt. Und dass der wichtigste amerikanische Science-Fiction-Preis nach ihm »Hugo« benannt wurde, ist nur recht und billig.
»Die Gernsback-Prophezeiung. Father of Science-Fiction«. ZKM Karlsruhe, bis zum 27. Oktober
www.zkm.de