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Urgroßvaters Grab

Yali Sobol besucht Deutschland im Rahmen der Deutsch-Israelischen Literaturtage das erste Mal. Für die Jüdische Allgemeine schreibt er an dieser Stelle, wie dieser Besuch auf ihn wirkt – in Worten, Bildern oder mit Musik.

Wir sind keine Familie, die viel gedenkt. Wir besuchen keine Gräber an Jahrestagen – darin sehen wir keinen Sinn. Und offen gesagt, keiner unserer Lieben, die verstorben sind, hat sich darüber beschwert.

Allerdings war das Erste, was ich in Berlin gemacht habe, mit meinen Eltern, die mich auf meiner Reise begleiten, auf den jüdischen Friedhof zu gehen, um das Grab meines Urgroßvaters zu besuchen. Ich habe keinen großen Gefühlsausbruch erwartet, aber es fühlte sich schon irgendwie anders und neu an.

Schwarzes Loch Ehrlich gesagt, ich wusste bislang nichts über die Vorfahren meiner Großeltern – das war eine Art schwarzes Loch. Das ist für einen Israeli nichts Ungewöhnliches, so wie für die meisten Juden. Einige von uns wissen nichts über die Großeltern, außer, dass sie in einem fernen Land einen furchtbaren Tod starben.

Es bedurfte einiger Recherche, um dieses Grab ausfindig zu machen. Wie sich herausstellte, wurde der Leichnam meines Urgroßvaters aus irgendeinem unerfindlichen Grund von den Nazis von Spandau nach Weißensee gebracht. Seltsamerweise haben sie sogar tote Juden nicht in Ruhe gelassen.

Kippa Nun standen wir also da und gaben ein komisches Bild ab, mein Vater und ich, beide mit einer Kippa. Wir tragen nie eine, aber so sind nun einmal die Friedhofsregeln. Jedenfalls sah mein Vater aus wie ein Priester.

Ich fragte meine Mutter, was Max, mein Urgroßvater, gearbeitet hatte. Sie sagte, er hatte ein Tabakgeschäft. Dann fragte ich meinen Vater zum allerersten Mal, was denn sein Großvater beruflich gemacht habe. Und er sagte, er sei ein Experte im Tabakanbau gewesen. Wenn das keine Fügung gewesen ist.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025