Kino-Tipp

Unter die Haut

Foto: Promo

Ein Schwarzbild rahmt den Dokumentarfilm Ink of Yam. Schwarz wie Tätowiertinte. Schwarz wie die Essenz der Geschichten, die Regisseur Tom Fröhlich in den sieben Kapiteln versammelt. Traurige, hoffnungsvolle, nachdenkliche und manchmal auch sehr persönliche Geschichten. Vor allem über Jerusalem. Dort betreiben die beiden russischstämmigen Tätowierer Poko Haim und Daniel Bulitchev das bekannteste Tätowierstudio Israels.

Im »Bizzart«, seit 1993 in der Nähe der Altstadt in der Yosef Rivlin Street zu finden, sind alle willkommen, unabhängig von Herkunft, Religion oder Geschlecht. Allerdings betreten nur diejenigen den Laden, die sich darüber hinwegsetzen, dass die Tora, die Bibel und der Koran allesamt Tätowierungen ablehnen. Oder diejenigen, die solche Textstellen freier auslegen.

TATTOOS Das »Bizzart« ist der älteste Tätowierladen Jerusalems außerhalb der Mauern der Altstadt. Sein Kosmos ist für die Besitzer wie eine Familie. Freundschaften, Feiern und Schmerzen, vieles wird geteilt, auch über verschiedene Lebensentwürfe hinweg. Auf knapp sieben Quadratmetern kommen Menschen zusammen, die sich draußen in den Straßen Jerusalems aus dem Weg gehen würden.

Das Studio aber steht jedem offen. Ihre Leidenschaft für Tattoos verbindet sie. Beim Stechen kommen sie ins Gespräch, und ­unter dem Schmerz der Nadel wird daraus oft eine Art Beichte. Die beiden Künstler schlüpfen in die Rolle von Psychologen, gar nicht so unähnlich wie andernorts beim Friseurbesuch.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Auf engstem Raum spiegelt sich hier die Subkultur der Stadt; das »Bizzart« ist ein Ort, der in Jerusalem vielleicht nur mit den kleinen Bars vergleichbar ist, wo Nacht für Nacht Menschen ausgelassen und ungeachtet aller sonst vorhandenen Unterschiede miteinander feiern.

HALTUNG Der aus Rostock stammende und heute in Leipzig lebende Dokumentarfilmer Tom Fröhlich hat für seinen Abschlussfilm an der Hochschule Darmstadt neben den beiden Betreibern sieben Kunden vor die Kamera geholt, die über ihr Leben erzählen, über ihren Glauben und ihre politische Haltung, ihre Hoffnungen und Ängste. Der atheistische Koch, der nie koscher kocht, genauso wie sein christlich-arabischer Kollege aus Bethlehem, der in die weite Welt will, der syrisch-aramäische Mönch oder der philosophierende Reiseleiter, der aus einer ultraorthodoxen Familie stammt.

Der Titel des Films bezieht sich auf das hebräische Postkürzel Jerusalems. Durch die Perspektive des Tattoo-Ateliers ist mit Ink of Yam ein vielstimmiges Porträt Jerusalems und seiner Bewohner entstanden, jenseits aller oftmals in deutschen Medien kolportierten Klischees über Israel im Allgemeinen und Jerusalem im Besonderen.

Ihre ganz eigene Sprache sprechen die Tattoos, die währenddessen auf der Haut der Beichtenden entstehen: hier ein Davidstern, dort eine Jungfrau Maria. Und für den atheistischen Koch? Natürlich ein Küchenmesser. tha/ja

Ab 9. Mai im Kino

K20 Kunstsammlung

Ungewöhnliche Werke von Marc Chagall in Düsseldorf zu sehen

Die Ausstellung mit 120 Werken beleuchtet Chagalls Auseinandersetzung mit Antisemitismus, Armut und Geschlechterrollen

von Nikolas Ender  13.03.2025

Liraz

Das Trillern der Utopie

Die israelische Sängerin ist stolz auf ihre persischen Wurzeln. In Europa kämpft sie mit Konzertabsagen

von Tilman Salomon  13.03.2025

Kino

Der Wandel des »Ka-Tzetnik«

Eine Doku widmet sich dem Schoa-Überlebenden Yehiel De-Nur und seiner Auseinandersetzung mit dem »Planeten Auschwitz«

von Dietmar Kanthak  13.03.2025

Kino

Bonhoeffers Vermächtnis »verfälscht und missbraucht«

In seinem umstrittenen Film stilisiert der amerikanische Regisseur Todd Komarnicki den Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer zu einer Erlöserfigur im Kampf gegen den nationalsozialistischen Terror

von Raimund Gerz  13.03.2025

Rechtsextremismus

Braune Musik verbreitet Hass: Rechtsrock in Deutschland

Rechtsextreme Musik trifft bei etlichen auf offene Ohren. Beobachter warnen: Die Rechtsrock-Szene blüht. Und sie kann ein »Türöffner« sein für rechtsextremistische Ideologien

von Alexander Lang  13.03.2025

Aufgegabelt

Hamantaschen mit Mohn

Rezepte und Leckeres

 13.03.2025

Pädagogik

Sicherheit vermitteln

Welche Herausforderungen der 7. Oktober mit sich bringt: Religionslehrer suchen Antworten auf schwierige Fragen beim jährlichen Treffen an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg

von Ayala Goldmann  13.03.2025 Aktualisiert

Glosse

Der Rest der Welt

Schlafanzug im Oval Office oder Warum wir mehr Pyjama wagen sollten

von Nicole Dreyfus  13.03.2025

Zahl der Woche

14. Adar

Fun Facts und Wissenswertes

 13.03.2025