Wie ist das, am Morgen aufzuwachen und ein anderer zu sein? Verrückt. Wie ist das, am Morgen danach aufzuwachen und schon wieder ein anderer zu sein? Noch verrückter. Wie ist das, jeden Morgen aufzuwachen und jeden Morgen ein anderer zu sein? Krass, aber für einen – pubertierenden – Jugendlichen vielleicht gar nicht so weit von der Realität entfernt.
Jedenfalls hat die Jury des Deutschen Kinder- und Jugendliteraturpreises auf der Frankfurter Buchmesse jetzt David Levithans Roman Letztendlich sind wir dem Universum egal prämiert. Wobei der Held des Buches – es könnte auch eine Heldin sein – mit Namen A sich in einer Identitätskrise besonderer Art befindet. Er/Sie weiß genau: Heute bin ich der, der ich morgen nicht mehr sein werde; sprich, er/sie wacht jeden Morgen in einem neuen Körper auf.
Kurzweilig Wer bin ich also? Was ist da noch von mir?, lauten die so naheliegenden wie großen Fragen, über die sich philosophieren, aber auch unterhaltsam schreiben lässt. Kurzweilig, schnell, bevor der nächste Tag beginnt. Spannend für den Leser wie für den Helden/die Heldin A. Dann verliebt sich A und ist in der Klemme. Gibt es da nicht irgendetwas, was von ihm ist und von ihm bleiben wird? Oder von ihr?
David Levithan, 1972 in New Jersey geboren, Schriftsteller und Herausgeber, fordert in seinen Jugendbüchern, die er seit 2003 schreibt, die Geschlechter und ihre Rollen heraus. Und beim Lesen zeigt sich, wie sie es auch treiben, wirklich Schreckliches passiert nicht. Homosexuellen Jungs verpasst er einen starken Charakter und lässt sie, nach einigen Prüfungen, das Leben feiern (Boy meets Boy war Levithans erstes Buch).
Wide Awake (2006), sein sechster Titel, beginnt mit der Wahl des ersten »gay Jewish president«. »No, I have no intention to run ...«, versicherte Levithan damals seinem Lesepublikum. Sein Publikum hätte wohl gar nichts dagegen gehabt, ihn als seinen Präsidenten zu sehen. Er hat in den USA seine Fans. Und nun also auch in Deutschland mit seinem lesenswerten Anti-»Und täglich grüßt das Murmeltier«-Buch.
David Levithan: »Letztendlich sind wir dem Universum egal«.
S. Fischer, Frankfurt 2014, 400 S., 16,99 €