Zentrum für Politische Schönheit

Umstrittene Künstler errichten Gedenkstätte für Schoa-Opfer

Inzwischen wieder verschwunden: »Gedenkstele« des Künstlerkollektivs »Zentrum für Politische Schönheit« vor dem Reichstag in Berlin Foto: dpa

Zwischen Bundestag und Reichstag hat das für seine umstrittenen Aktionen bekannte Künstlerkollektiv »Zentrum für Politische Schönheit« (ZPS) eine sogenannte Gedenkstätte errichtet. Sie steht seit Montagmorgen auf dem Gelände der ehemaligen Krolloper, in der die Reichstagsabgeordneten im März 1933 für das Ermächtigungsgesetz stimmten, eine wichtige Grundlage für die Diktatur der Nationalsozialisten.

»Es geht um die letzte deutsche Diktatur und darum, ob sie uns wieder droht«, sagte der Aktionskünstler und ZPS-Gründer Philipp Ruch am Montag. Teil der Aktion ist eine Stahlsäule, die nach Angaben der Gruppe Asche von Opfern der Massenmorde der Nazis enthält.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

KRITIK Christoph Heubner, Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, kritisiert die Aktion: »Auschwitz-Überlebende sind bestürzt darüber, dass mit diesem Mahnmal ihre Empfindungen und die ewige Totenruhe ihrer ermordeten Angehörigen verletzt werden.«

Teil der Aktion ist eine Stahlsäule, die nach Angaben der Gruppe Asche von Opfern der Massenmorde der Nazis enthält.

Das »Zentrum für Politische Schönheit« ist bereits mehrfach mit Aktionen aufgefallen, die Aufsehen erregt haben. So hatte es beispielsweise im November 2017 eine Nachbildung des Berliner Holocaust-Mahnmals in Nachbarschaft des Wohnhauses des AfD-Politikers Björn Höcke im thüringischen Bornhagen aufgestellt.

GEDENKEN Über der sogenannten Gedenkstätte in der Heinrich-von-Gagern-Straße ist der Schriftzug »Gedenken heißt Kämpfen« zu lesen. Und in Großbuchstaben »Keinen Schritt weiter! Hier begann die letzte deutsche Diktatur«.

https://twitter.com/EliyahHavemann/status/1201531369467330561

Es brennen Dutzende Kerzen in Grablichtern, in Wassereimern stehen Blumensträuße, darüber hängen zahlreiche Zettel mit Texten wie »Vergesst sie nicht« oder »Gegen politischen Alzheimer in Deutschland«.

Nach Angaben der Polizei ist die Veranstaltung bis zum 7. Dezember angemeldet.

Nach Angaben der Polizei ist die Veranstaltung bis zum 7. Dezember angemeldet. Das Künstlerkollektiv hat angekündigt, Spenden sammeln zu wollen, um am kommenden Samstag ein Betonfundament für die Säule zu gießen, wenn genügend Geld dafür zusammenkommt.

SELBSTVERSTÄNDNIS Seit seiner Gründung vor zehn Jahren hat das »Zentrum für Politische Schönheit« immer wieder mit zum Teil hoch umstrittenen Aktionen und Initiativen auf sich aufmerksam gemacht. Der in Dresden aufgewachsene Deutsch-Schweizer Philipp Ruch gilt als Kopf jener Gruppe, die aus bis zu 70 Aktionskünstlern bestehen soll. Sein Ziel sei es, hat der 38-Jährige einmal gesagt, »die Gleichgültigkeit meiner Generation zu durchbrechen«.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Bei der Wahl ihrer Mittel sind Ruch und seine Aktivisten nicht gerade zimperlich. Der Tabubruch und die für gewöhnlich folgende öffentliche Debatte waren in der Vergangenheit fest einkalkulierte Bestandteile der Aktionen des ZPS.

2009 platzierte die Gruppe Bomben-Attrappen vor dem Berliner Reichstag. Damit wollten die Künstler daran erinnern, dass die Krematorien des Konzentrationslagers Auschwitz im Zweiten Weltkrieg von den Alliierten nicht angegriffen wurden.

Auf einem Plakat rief Ruch zur Ermordung des rechtskonservativen Schweizer Journalisten Roger Köppel auf – sagte aber später, der Aufruf sei nicht wörtlich zu nehmen.  dpa/ja

Reaktionen der jüdischen Gemeinschaft auf die »Kunstaktion« des Zentrums für Politische Schönheit finden sich hier.

Hessen

Darmstadt: Jüdische Gemeinde stellt Strafanzeige gegen evangelische Gemeinde

Empörung wegen antisemitischer Symbole auf Weihnachtsmarkt

 19.12.2024 Aktualisiert

Kino

Film-Drama um Freud und den Lieben Gott

»Freud - Jenseits des Glaubens« ist ein kammerspielartiges Dialogdrama über eine Begegnung zwischen Sigmund Freud und dem Schriftsteller C.S. Lewis kurz vor dem Tod des berühmten Psychoanalytikers

von Christian Horn  19.12.2024

TV-Tipp

»Oliver Twist«: Herausragende Dickens-Verfilmung von Roman Polanski

Sittengemälde als düstere Bestandsaufnahme über die geschilderte Zeitperiode hinaus

von Jan Lehr  19.12.2024

Literatur

Gefeierter Romancier und politischer Autor: 150 Jahre Thomas Mann

Seine Romane prägten eine Epoche und werden noch heute weltweit gelesen. Zugleich war Thomas Mann auch ein politischer Autor, woran im Jubiläumsjahr 2025 zahlreiche Publikationen erinnern

von Klaus Blume  19.12.2024

Glosse

Kniefall 2.0

Ist Markus Söder jetzt alles Wurst oder erfüllt er nur die Erwartungen der jüdischen Gemeinschaft?

von Michael Thaidigsmann  19.12.2024

Aufgegabelt

Einstein-Lachs-Tatar

Rezept der Woche

 19.12.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der Jüdischen Welt

 19.12.2024

Sehen!

Sigmund Freud und die Religion

Ein fiktiver Disput über die letzten Dinge: Matt Brown verfilmt das Buch von Armand Nicholi mit Anthony Hopkins als Sigmund Freud und Matthew Goode als C. S. Lewis

von Manfred Riepe  19.12.2024

Ausstellung

Kafka und die Künstler

Das Jüdische Museum Berlin konfrontiert das Werk des Schriftstellers mit moderner bildender Kunst

von Ayala Goldmann  19.12.2024