»Alle Indizien weisen darauf hin« – so heißt es in Jochen Hörischs Essaysammlung Gott, Geld, Medien (2004) – »dass Geld nach Sprache das zweitwichtigste und in vielen Kontexten vor Sprache das wichtigste Medium ist.« Das zeigt sich in der Theologie, Philosophie, Literatur und in der Alltagssprache. Joel Bergers Gesetz–Ritus–Brauch (2019) beleuchtet unter anderem das antisemitische Stereotyp, Juden hätten ein »besonderes Verhältnis zu Geld, Geldgeschäften und den damit zusammenhängenden Unternehmungen«.
Ignaz Bernstein nennt in Jüdische Sprichwörter und Redensarten (1988) bezüglich Geld insgesamt 46 Sprüche, etwa »Uhn geld is kejn welt« und »Auf drei sachen schteht die welt: auf geld, auf geld ün auf geld«. Lutz Röhrich (Das große Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, 1991) begründet die vielen Ausdrücke im Wortfeld so: »Über ›Geld‹ spricht man nicht; daher die zahllosen umschreibenden Begriffe.«
redensarten Darunter sind viele deutsche Bezeichnungen und Redensarten mit jiddischen Wurzeln. Seit Langem beklagte man, dass es in Finanzdingen oft ungerecht zugeht: »Asoj geht es ojf der welt, ejner hot dem bajtel und der anderer dos geld.« Das führte zum Eindruck: »Geld halt sich nor in a groben sack« (Geld hält sich nur in einem groben Sack). Der grobe Sack meint den Unbarmherzigen, der sich ans Geld klammert; solche Menschen renommieren gern mit ihrem Vermögen: »As men bekumt geld, trásket men mit der langer bajtsch« (Wenn man Geld bekommt, knallt man mit der langen Peitsche).
Reichtum kann vergänglich sein. Das wird im Sprichwort »Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen« eingefangen, im Jiddischen konkreter als: »Nit genug, wos men wert on dos geld, ruft noch jener: nar!« (Nicht genug, dass man das Geld verliert, ruft der andere noch: Narr!).
Schnell folgt die Einsicht: »Geld is an awójde sóre, ober as es is nit do, is a grójsse zóre« (Geld ist ein Götzendienst, aber ist es nicht da, ist es eine große Plage). Das »awójde sóre« stammt vom hebräischen »‹awodá sará« (mit der Bedeutung »fremder Gottesdienst« = Götzendienst).
spruch Der Spruch »As Got lost leben, mus er derzu mooss geben« (Wenn Gott lässt leben, muss er dazu Geld geben) führt zum jiddischen Wort »mooss« (herzuleiten vom hebräischen »ma’ot« = Kleingeld, Münzen) für »Geld«, das um 1750 im Rotwelschen belegt und noch heute umgangssprachlich üblich ist. Die saloppen »Mäuse« wertet Heidi Stern im Wörterbuch zum jiddischen Lehnwortschatz (2000) als volksetymologisch. Auch der Duden mutmaßt: »Vielleicht entstellt aus ›Moos‹ oder nach dem Vergleich der (silber-)grauen Farbe der Mäuse mit der der Silbermünzen.«
Das der Gaunersprache entlehnte »Kies« für Geld ist nicht sicher zu deuten.
Das der Gaunersprache entlehnte »Kies« für Geld ist nicht sicher zu deuten. Der Ableitung vom jiddischen »kis« (Geldsäckel) widersprach der Hamburger Jiddist Salomo Birnbaum in der »Zeitschrift für deutsche Philologie« (1955).
Neben anderen vertritt auch Wolfgang Pfeifer im Etymologischen Wörterbuch des Deutschen (1993) eine »Herleitung von rotwelschem Kies/Kîsel, dessen Bedeutung ›Stein‹ eine Verbindung zum rotwelschen Plural ›Steiner‹ für ›Münzgeld‹ ermöglicht. Da ›Scheidemünze, Silbergeld‹ als früheste Bedeutung von Kies anzusetzen ist, kann eine inhaltliche Beeinflussung von Kies durch Steiner angenommen werden.«
wortübernahme Bei der Wortübernahme zwischen Sprachen nicht nur die lautliche Integration zu beachten, sondern ebenso das, was vom semantischen Potenzial erhalten und beim abgeleiteten Ausdruck hinzugefügt wurde, empfiehlt auch Hans Peter Althaus (Mauscheln, 2002) im Blick auf die Namen Mausche und Mauschel.
»Wenn in Südhessen Geldmosche eine Bezeichnung für ›Kapitalist‹, aber auch für ›hartherziger, geldgieriger Reicher‹ war, dann schimmerte dort nicht nur durch, dass Juden früher als Bankiers und Geldverleiher tätig waren, sondern auch, dass ihre Kunden durch die Aufnahme von Darlehen in finanzielle Schwierigkeiten und damit auch in Abhängigkeit vom Darlehnsgeber geraten konnten. Während dieser Sachverhalt in der antisemitischen Agitation eine große Rolle spielte, findet sich davon nichts in den Mundarten.«