Sein Leben lang schrieb Paul Auster langsam. Erst Entwürfe mit der Hand, dann fertige Manuskripte mit der Schreibmaschine. Eine Seite schaffe er so etwa pro Tag, sagte Auster einmal. »Zwei, wenn ich Glück habe, manchmal auch nur eine halbe. Aber wenn man dranbleibt, läppern sich die Seiten.«
Über die Jahrzehnte seines Lebens kam so ein beeindruckender Katalog von Romanen, Poesie, Essays, Songs und Drehbüchern zusammen, darunter zahlreiche Weltbestseller wie »Die New-York-Trilogie« und »Das Buch der Illusionen«.
Etliche Preise sammelte Auster mit seinen Werken ein, er wurde zu einem der beliebtesten und erfolgreichsten US-Schriftsteller seiner Generation. Nun ist Auster im Alter von 77 Jahren gestorben - er erlag am Dienstag in seinem Zuhause im New Yorker Stadtteil Brooklyn den Folgen einer Krebserkrankung, wie die »New York Times« und der britische »Guardian« unter Berufung auf seine Vertraute Jacki Lyden berichteten. Auster litt seit mehr als zwei Jahren an Lungenkrebs.
In den Jahren vor seinem Tod wurden noch mehrere dicke Werke des Autors veröffentlicht. Der mehr als 1000 Seiten lange Roman »4 3 2 1« von 2017 beispielsweise und die rund 800 Seiten lange Biografie »In Flammen« (Originaltitel: »Burning Boy«) über den US-Autor Stephen Crane (1871-1900) - »ein neuer Berg der Rocky Mountains«, wie der Schriftsteller zur Veröffentlichung scherzte.
Geboren wurde Auster 1947 als Sohn jüdischer Einwanderer in Newark in der Nähe von New York. Schon als Teenager wollte er Schriftsteller werden, studierte Literatur in New York und Frankreich und hielt sich dann erst einmal mit Lehraufträgen und Übersetzungsarbeiten über Wasser.
Eine erste Ehe zerbrach. Erst mit der »New-York-Trilogie« - drei lose miteinander verwobenen Detektivgeschichten namens »Stadt aus Glas«, »Schlagschatten« und »Hinter verschlossenen Türen« - schaffte er Mitte der 1980er Jahre den Durchbruch, danach arbeitete er sich mit Romanen wie »Mond über Manhattan«, »Mr. Vertigo« und »Das Buch der Illusionen« endgültig zum gefeierten Bestsellerautor hoch.
Seine oft autobiografisch geprägten Figuren sind schräge, gebrochene Charaktere, die sich auf der Suche nach sich selbst in allerlei Abgründen und düsteren Winkeln verlieren. Immer wieder sind es der Zufall, das Unvorhergesehene, eine fantastische Wendung, die ihr Leben bestimmen - und die Anlass für philosophische Reflexionen über Kunst und Kultur, Identität, Leben und Tod bieten.
Seine Bücher wurden in Dutzende Sprachen übersetzt, in Europa war er noch populärer als im eigenen Land. Vom Schreiben sei er »besessen«, sagte Auster einmal. »Schreiben ist für mich kein Akt des freien Willens, es ist eine Frage des Überlebens.« Gleichzeitig war das Schreiben aber auch ein ständiger Kampf für ihn. »Es ist das härteste, was ich mir vorstellen kann.«
Rund 50 Jahre lebte und arbeitete Auster im New Yorker Stadtteil Brooklyn, wo viele seiner Geschichten auch spielen. Seine Ehefrau Siri Hustvedt ist als Schriftstellerin kaum weniger populär als ihr Mann, die 1987 geborene Tochter Sophie feiert als Sängerin und Schauspielerin Erfolge.
Nach seiner Krebsdiagnose unterzog Auster sich einer Reihe von Behandlungen, wie er vergangenes Jahr zur Veröffentlichung seines letzten Buches »Baumgartner« dem »Guardian« erzählte. »Ich habe das Gefühl, dass mein Gesundheitszustand so prekär ist, dass dies das Letzte sein könnte, was ich jemals schreibe.« Doch wenn dies das Ende sei, dann habe es sich gelohnt - er gehe umgeben von »menschlicher Freundlichkeit« in seinem Freundeskreis.