Literatur

Trauer um Paul Auster

Paul Auster gehörte zu den beliebtesten und erfolgreichsten US-Schriftstellern seiner Generation. Mit Werken wie der »New-York-Trilogie« wurde er weltberühmt. Jetzt ist er mit 77 Jahren gestorben

von Benno Schwinghammer, Christina Horsten  01.05.2024 09:22 Uhr

Paul Auster Foto: imago/Agencia EFE

Paul Auster gehörte zu den beliebtesten und erfolgreichsten US-Schriftstellern seiner Generation. Mit Werken wie der »New-York-Trilogie« wurde er weltberühmt. Jetzt ist er mit 77 Jahren gestorben

von Benno Schwinghammer, Christina Horsten  01.05.2024 09:22 Uhr

Sein Leben lang schrieb Paul Auster langsam. Erst Entwürfe mit der Hand, dann fertige Manuskripte mit der Schreibmaschine. Eine Seite schaffe er so etwa pro Tag, sagte Auster einmal. »Zwei, wenn ich Glück habe, manchmal auch nur eine halbe. Aber wenn man dranbleibt, läppern sich die Seiten.«

Über die Jahrzehnte seines Lebens kam so ein beeindruckender Katalog von Romanen, Poesie, Essays, Songs und Drehbüchern zusammen, darunter zahlreiche Weltbestseller wie »Die New-York-Trilogie« und »Das Buch der Illusionen«.

Etliche Preise sammelte Auster mit seinen Werken ein, er wurde zu einem der beliebtesten und erfolgreichsten US-Schriftsteller seiner Generation. Nun ist Auster im Alter von 77 Jahren gestorben - er erlag am Dienstag in seinem Zuhause im New Yorker Stadtteil Brooklyn den Folgen einer Krebserkrankung, wie die »New York Times« und der britische »Guardian« unter Berufung auf seine Vertraute Jacki Lyden berichteten. Auster litt seit mehr als zwei Jahren an Lungenkrebs.

In den Jahren vor seinem Tod wurden noch mehrere dicke Werke des Autors veröffentlicht. Der mehr als 1000 Seiten lange Roman »4 3 2 1« von 2017 beispielsweise und die rund 800 Seiten lange Biografie »In Flammen« (Originaltitel: »Burning Boy«) über den US-Autor Stephen Crane (1871-1900)  - »ein neuer Berg der Rocky Mountains«, wie der Schriftsteller zur Veröffentlichung scherzte.

Geboren wurde Auster 1947 als Sohn jüdischer Einwanderer in Newark in der Nähe von New York. Schon als Teenager wollte er Schriftsteller werden, studierte Literatur in New York und Frankreich und hielt sich dann erst einmal mit Lehraufträgen und Übersetzungsarbeiten über Wasser.

Eine erste Ehe zerbrach. Erst mit der »New-York-Trilogie« - drei lose miteinander verwobenen Detektivgeschichten namens »Stadt aus Glas«, »Schlagschatten« und »Hinter verschlossenen Türen« - schaffte er Mitte der 1980er Jahre den Durchbruch, danach arbeitete er sich mit Romanen wie »Mond über Manhattan«, »Mr. Vertigo« und »Das Buch der Illusionen« endgültig zum gefeierten Bestsellerautor hoch.

Seine oft autobiografisch geprägten Figuren sind schräge, gebrochene Charaktere, die sich auf der Suche nach sich selbst in allerlei Abgründen und düsteren Winkeln verlieren. Immer wieder sind es der Zufall, das Unvorhergesehene, eine fantastische Wendung, die ihr Leben bestimmen - und die Anlass für philosophische Reflexionen über Kunst und Kultur, Identität, Leben und Tod bieten.

Seine Bücher wurden in Dutzende Sprachen übersetzt, in Europa war er noch populärer als im eigenen Land. Vom Schreiben sei er »besessen«, sagte Auster einmal. »Schreiben ist für mich kein Akt des freien Willens, es ist eine Frage des Überlebens.« Gleichzeitig war das Schreiben aber auch ein ständiger Kampf für ihn. »Es ist das härteste, was ich mir vorstellen kann.«

Rund 50 Jahre lebte und arbeitete Auster im New Yorker Stadtteil Brooklyn, wo viele seiner Geschichten auch spielen. Seine Ehefrau Siri Hustvedt ist als Schriftstellerin kaum weniger populär als ihr Mann, die 1987 geborene Tochter Sophie feiert als Sängerin und Schauspielerin Erfolge.

Nach seiner Krebsdiagnose unterzog Auster sich einer Reihe von Behandlungen, wie er vergangenes Jahr zur Veröffentlichung seines letzten Buches »Baumgartner« dem »Guardian« erzählte. »Ich habe das Gefühl, dass mein Gesundheitszustand so prekär ist, dass dies das Letzte sein könnte, was ich jemals schreibe.« Doch wenn dies das Ende sei, dann habe es sich gelohnt - er gehe umgeben von »menschlicher Freundlichkeit« in seinem Freundeskreis.

TV

ARD sendet Silvester interreligiöses »Dinner for All« aus Berlin

Mit dabei ist unter anderem die jüdische Theologin Helene Braun

 30.12.2024

Hollywood

Gal Gadot hatte ein Blutgerinnsel im Gehirn

Die israelische Schauspielerin wurde notoperiert - im achten Schwangerschaftsmonat, wie sie nun berichtet

 30.12.2024

2024

Hebräischer Vorname ist am beliebtesten bei deutschen Eltern

Gerade unter den beliebtesten Jungennamen sind einige biblischen Ursprungs

 29.12.2024

Imanuels Interpreten (3)

Allee Willis: Die bekannteste Unbekannte

Sie ist die Unbekannte hinter Songs, von denen einige die Welt im wahrsten Sinne des Wortes bewegt haben. Ihr Motto: »Der Text darf nie mit dem Groove kollidieren.«

von Imanuel Marcus  29.12.2024

Sachbuch

Mazze mit Schinken

Der Religionswissenschaftler Jordan D. Rosenblum geht der Beziehung zwischen Juden und Schweinen auf den Grund

von Ralf Balke  29.12.2024

Haushaltslage im Land Berlin

Topographie des Terrors befürchtet Einschränkungen

Stiftungsdirektorin Andrea Riedle sieht vor allem die Bildungsarbeit gefährdet

 26.12.2024

Rezension

Fortsetzung eines politischen Tagebuchs

In seinem neuen Buch setzt sich Saul Friedländer für die Zweistaatenlösung ein – eine Vision für die Zeit nach dem 7. Oktober ist allerdings nur wenig greifbar

von Till Schmidt  26.12.2024

Medien

Antisemitische Aggression belastet jüdische Journalisten

JJJ-Vorsitzender Lorenz Beckhardt fordert differenzierte und solidarische Berichterstattung über Jüdinnen und Juden

 26.12.2024

Rezension

Ich-Erzählerin mit böser Wunde

Warum Monika Marons schmaler Band »Die Katze« auch von Verbitterung zeugt

von Katrin Diehl  25.12.2024