Sprachgeschichte(n)

Toi, toi, toi!

Heute ist Internationaler Tag des Glücks. Foto: Thinkstock

Heute gilt es, dem auf der 118. Plenarsitzung der UNO-Generalversammlung ausgerufenen Internationalen Tag des Glücks zum Recht zu verhelfen – in dem »Bewusstsein, dass das Streben nach Glück ein grundlegendes menschliches Ziel ist«, wie es in der Resolution 66/281 pompös heißt.

Die Umsetzung indes ist jedes Mal schwierig, weil der Glücksbegriff so vielschichtig ist. Da nützt einem dann auch der abergläubisch als Glücksfinger geltende Daumen nichts, den wir für den Erfolg eines Unternehmens drücken. Auch die bei Bühnenschauspielern beliebte, unsinnige Wunschformel vom »Hals- und Beinbruch!« (bei Angelsachsen schlicht: »Break a leg!«) hat Salcia Landmann 1964 durch den Hinweis auf das verballhornte hebräische »hazlóche un bróche!« (hazlachá = Glück und brachá = Segen) entzaubert.

schutzhandlung Heinz Küppers Buch Unberufen. Toi-Toi-Toi: 99 uralte Regeln, das Glück zu mehren, dem Unglück zu wehren (1951) führt auf ein weiteres Phänomen: Um böse Geister nicht neidisch zu machen, fügte man lobenden Äußerungen als Schutzhandlung oft ein »unberufen« hinzu – verstärkt durch dreimaliges Klopfen auf Holz und den Ruf »toi-toi-toi!«, der lautmalerisch für das Ausspucken steht, da Speichel als unheilbannend galt. Im Jüdischen Lexikon (1928) zählt Bruno Kirschner »unberufen« zu den deutschen Wörtern, die, »da ursprünglich meist von Juden gebraucht, als spezielle Jüdelei galten«. Auch Werner Weinberg schrieb im Lexikon zum religiösen Wortschatz und Brauchtum der deutschen Juden (1994): »Der eigentliche Sinn der Interjektion war, bösen Einfluß abzuwehren.«

Heute erschallt »toi-toi-toi« ohne »unberufen« (speziell im Opernsängerjargon) zum Beschwören des Gelingens. Sein Ursprung ist strittig: Auf eine Teufelsnennung könnte ein Beleg im Schwäbischen Wörterbuch deuten (»No kommt mer in ’s Teu-Teu-Teufelskuchen bey ihm«). Plausibler ist H. Wildes im Sprachdienst (Bd. 15, 1971) erwogener Zusammenhang mit jiddisch-rotwelschem »tof/tow« (für gut), das Salcia Landmann ebenso aufführt wie E. Bischoff 1916 im Wörterbuch der wichtigsten Geheim- und Berufssprachen (zu denen er auch die »Komödiantensprache« zählt).

Der in Israel lebende Schriftsteller Hillel Halkin, der viele hebräische und jiddische Werke ins Englische übertrug, schrieb 2009 unter dem Pseudonym Philologos für die Zeitschrift »Forward« den Beitrag »Spit Your Way To Safety: Toi, toi, toi«, in dem er den Ruf als Variante des ostjiddischen »Tfu(t), tfu(t), tfu(t)« deutet, mit dem böse Blicke gebannt werden sollten. Amerikanischen Juden sei ein Ausspruch wie »Business has been good this year, tfu, tfu, tfu« vertraut.

popularität Viele jüdische Musiker und Chanson-Sänger trugen zur Popularität des Spruches bei. In Wien erschien 1924 die Unberufen, toi, toi, toi! betitelte Schallplatte des Komponisten Richard Fall. Der Text zur in den 20er-Jahren beliebten Shimmy-Musik stammte vom Librettisten Fritz Löhner. Am 11. April 1931 feierte das Theater am Kurfürstendamm die Premiere der Burleske Alles Schwindel in acht Bildern. Das Buch zur Musik von Mischa Spoliansky schrieb der Texter Marcellus Schiffer: »Alles ist heut’ ein Gesindel,/jedes Girl und jeder Boy,/wird einem schlecht dabei!/’s wird einem schwindlig von dem Schwindel,/alles, alles, alles Schwindel,/unberufen, toi! toi! toi!«.

Mit Ausnahme Schiffers, der sich 1932 das Leben nahm, und Spolianskys, der nach London emigrierte, wurde neben diesen Künstlern auch der Schlagerkomponist Willy Rosen im KZ Auschwitz ermordet. Für das Lagerkabarett verfasste er das Chan- son: »Wenn man kein Glück hat/dann hat das Leben keinen Sinn./Wenn man kein Glück hat/dann rutscht man aus und fällt man hin./Drum bitt’ ich dich, Fortuna, bleib’ mir treu,/unberufen, unberufen toi-toi-toi.«

Antisemitismus

Gert Rosenthal: »Würde nicht mit Kippa durch Neukölln laufen«

Die Bedrohung durch Antisemitismus belastet viele Jüdinnen und Juden. Auch Gert Rosenthal sieht die Situation kritisch - und erläutert, welche Rolle sein Vater, der Entertainer Hans Rosenthal, heute spielen würde

 01.04.2025

Berlin

Hans Rosenthal entdeckte Show-Ideen in Fabriken

Zum 100. Geburtstag des jüdischen Entertainers erzählen seine Kinder über die Pläne, die er vor seinem Tod noch hatte. Ein »Dalli Dalli«-Nachfolger lag schon in der Schublade

von Christof Bock  01.04.2025

Künstliches Comeback

Deutschlandfunk lässt Hans Rosenthal wiederaufleben

Der Moderator ist bereits 1987 verstorben, doch nun soll seine Stimme wieder im Radio erklingen – dank KI

 01.04.2025

Interview

Günther Jauch: »Hans Rosenthal war ein Idol meiner Kindheit«

Der TV-Moderator über den legendären jüdischen Showmaster und seinen eigenen Auftritt bei »Dalli Dalli« vor 42 Jahren

von Michael Thaidigsmann  01.04.2025

Jubiläum

Immer auf dem Sprung

Der Mann flitzte förmlich zu schmissigen Big-Band-Klängen auf die Bühne. »Tempo ist unsere Devise«, so Hans Rosenthal bei der Premiere von »Dalli Dalli«. Das TV-Ratespiel bleibt nicht sein einziges Vermächtnis

von Joachim Heinz  01.04.2025

TV-Legende

Rosenthal-Spielfilm: Vom versteckten Juden zum Publikumsliebling

»Zwei Leben in Deutschland«, so der Titel seiner Autobiografie, hat Hans Rosenthal gelebt: Als von den Nazis verfolgter Jude und später als erfolgreicher Showmaster. Ein Spielfilm spürt diesem Zwiespalt nun gekonnt nach

von Katharina Zeckau  01.04.2025

Geschichte

»Der ist auch a Jid«

Vor 54 Jahren lief Hans Rosenthals »Dalli Dalli« zum ersten Mal im Fernsehen. Unser Autor erinnert sich daran, wie wichtig die Sendung für die junge Bundesrepublik und deutsche Juden war

von Lorenz S. Beckhardt  01.04.2025 Aktualisiert

Hans Rosenthal

»Zunächst wurde er von den Deutschen verfolgt - dann bejubelt«

Er überlebte den Holocaust als versteckter Jude, als Quizmaster liebte ihn Deutschland: Hans Rosenthal. Seine Kinder sprechen über sein Vermächtnis und die Erinnerung an ihren Vater

von Katharina Zeckau  01.04.2025

TV-Spielfilm

ARD dreht prominent besetztes Dokudrama zu Nürnberger Prozessen

Nazi-Kriegsverbrecher und Holocaust-Überlebende in einem weltbewegenden Prozess: Zum 80. Jahrestag dreht die ARD ein Drama über die Nürnberger Prozesse - aus der Sicht zweier junger Überlebender

 01.04.2025