Bob Dylan ist kein Tanzmusiker, zumindest nicht im engeren Sinne. Aber der 77-jährige Singer-Songwriter ist schon wieder auf Deutschland-Tournee, und am 20. April wird er in Augsburg auftreten. Das ist nicht etwa wegen des immer noch als »Führers Geburtstag« firmierenden Datums ein Problem, sondern weil es sich im Jahr 2019 um den Karsamstag handelt.
»Der Karsamstag ist ein sogenannter ›Stiller Tag‹«, teilt die Stadt Augsburg mit, und das bedeutet Auflagen, die an das »Tanzverbot« am Karfreitag erinnern. »An ›Stillen Tagen‹ sind öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen nur dann erlaubt, wenn der diesen Tagen entsprechende Charakter gewahrt ist«, sagt Dirk Wurm, Stadtrat für das Referat Ordnung, Gesundheit und Sport in Augsburg.
Die »Augsburger Allgemeine« berichtet, wie ein eigentlich fälliges Konzertverbot mit einem Trick umgangen wurde: »Das Konzert des Literatur-Nobelpreisträgers wird als Kulturveranstaltung ausgewiesen.« Mit diesem Kniff habe man sogar andere lokale Veranstalter in Bayern, etwa in München oder Kempten, ausgestochen. Augsburg ist 2019 im Freistaat die einzige Station von Dylans Tournee.
GESETZE Davon weiß der Veranstalter, die Firma »Live Nation Germany«, nichts. »Wir wollten ein Konzert in München machen, leider war die Olympiahalle belegt«, sagt Jacky Jedlicki von »Live Nation«. In München findet nämlich an diesem Abend die Pferdeshow »Apassionata« statt. Für Jedlicki stellt sich die Sache anders dar: »Der Termin war frei und passte in das Routing, deshalb sind wir nach Augsburg.«
Überhaupt sieht man beim Veranstalter im deutschen »Gesetz zum Schutz der Sonn- und Feiertage« kein unlösbares Problem. »Wir und alle Künstler müssen sich an die Gesetze halten«, sagt Jedlicki. »Es gibt natürlich auch immer Ausnahmen.«
In München war die Olympiahalle bereits belegt.
Gedanken über den »Stillen Tag« und die Voraussetzungen, dann ein Konzert zu veranstalten, hat man sich in der Stadtverwaltung Augsburg allerdings sehr wohl gemacht, wie Dirk Wurm bestätigt. »Wir kamen gemeinsam zum Entschluss, dass ein Konzert von Bob Dylan diese Voraussetzungen erfüllt und somit grundsätzlich an einem ›Stillen Tag‹ nicht verboten ist.«
ZUHÖREN Für die Vermutung, dass der jüdische Musiker nicht den christlichen Osterfrieden stört, spricht nach Einschätzung der Stadt Augsburg unter anderem »die Tatsache, dass die Musik zum Zuhören animiert und nicht zum Tanzen, dass der Konzertsaal komplett bestuhlt ist und keine Stehplätze vorhanden sind, dass die Texte auch teilweise poetisch sind und Bob Dylan sogar der Nobelpreis für Literatur verliehen wurde«.
Jedenfalls ist die Tourneestation in der für 5000 Besucher bestuhlten Halle ein kulturelles Highlight für die 280.000-Einwohner-Stadt. »In der Tat ist es ungewöhnlich, dass ein Künstler dieses internationalen Formats in der Augsburger Schwabenhalle spielt«, schreibt die »Augsburger Allgemeine« und berichtet: »Das Highlight der vergangenen Jahre waren 2013 die Toten Hosen, die vor ausverkaufter Halle spielten.«
Nun also Dylan – für den Augsburger Messechef Gerhard Reiter gilt das jetzt schon als »Jahrhundert-Konzert«: »Ich bin sehr stolz, dass es geklappt hat, Bob Dylan nach Augsburg zu lotsen.« Wenn es schon nicht die Umgehung der freistaatlichen Feiertagsvorschriften war, dann gibt man in Augsburg zumindest damit an, dass das New Yorker Management vom Gesamtpaket angetan gewesen sei. Schließlich passe das Label Augsburgs als »Friedenstadt« doch »gut zu dem Frieden-Poeten Dylan« (Augsburger Allgemeine).
So spielt Bob Dylan also feiertagskompatibel auf, und dass er sich selbst schon mehrfach als »Song & Dance Man« bezeichnet hat, muss in Augsburg ja niemand wissen. Martin Krauß
Weitere Termine auf Bob Dylans Europa-Tournee unter www.bobdylan.com/on-tour/