Yehuda »Hoodie« Rosen ist ein durchschnittlicher orthodoxer Teenager. Zwar ist er weit davon entfernt, sich als Wunderkind im Lernen von Talmud und Tora hervorzutun – aber bislang hat er sich durch die Hilfe seiner Schulfreunde und nicht zuletzt seiner ältesten Schwester Zippy immer noch durchgeschlagen.
Doch dann sieht er – ausgerechnet an Tu beAw – ein nichtjüdisches Mädchen selbstvergessen tanzend ein Video aufnehmen. Hoodie ist fasziniert, doch zwischen den beiden Jugendlichen steht nicht nur der Glaubensunterschied, sondern auch die Tatsache, dass Anna-Maries Mutter als Bürgermeisterin der (fiktiven) US-amerikanischen Kleinstadt Tregaron heftig gegen den Zuzug der orthodoxen Gemeinde agitiert.
Und während sich Anna-Marie und Hoodie trotz Verbot immer wieder treffen, wächst gleichzeitig die Spannung zwischen den nichtjüdischen Einwohnern und den orthodoxen Hinzugezogenen, bis die Situation schließlich eskaliert.
ANSCHLAG Ein Anschlag auf einen koscheren Supermarkt war der Anlass für den Autor Isaac Blum, der früher selbst an einer orthodoxen Schule unterrichtete, seinen Jugendroman zu schreiben. Und doch fühlt sich der Einbruch des Terrors und die schicksalhafte Verknüpfung mit der Beziehung der beiden Teenager etwas konstruiert an. Das schreckliche Ereignis, das alle Antagonismen vorübergehend außer Kraft setzt, verhindert zudem, dass der Roman den Konflikt zwischen Hoodie und seiner Gemeinschaft in letzter Konsequenz ausspielen muss.
Doch überzeugt der Roman durch seinen durchgängig selbstironischen Ich-Erzähler – und entzieht sich zugleich dem populären Muster der (un)orthodoxen Aussteigergeschichte: Hoodies Gemeinschaft ist, bei allen Beschränkungen, kein mittelalterliches Gefängnis, dem es zu entfliehen gilt, die säkulare Welt hingegen kein Hort der Toleranz.
Und dann ist da noch Zippy, die wohl stärkste Figur des Romans, die es schafft, sich als junge talentierte Frau einen Platz in ihrer Gemeinschaft zu erobern und gleichzeitig ihren Bruder rückhaltlos zu unterstützen. Am Ende steht Hoodie an einem Scheideweg, und der Autor enthält sich nicht nur einer Entscheidung für seinen Protagonisten, sondern auch jeglicher Wertung, welcher Weg nun der richtige wäre.
Isaac Blum: »Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen«. Aus dem Englischen von Gundula Schiffer. Beltz & Gelberg, Weinheim 2023,
224 S., 15 €