Isaac Blum

Talmud, Liebe, Terror

Foto: pr

Isaac Blum

Talmud, Liebe, Terror

Ein Jugendroman um einen orthodoxen Teenager

von Hadassah Stichnothe  29.04.2023 23:30 Uhr

Yehuda »Hoodie« Rosen ist ein durchschnittlicher orthodoxer Teenager. Zwar ist er weit davon entfernt, sich als Wunderkind im Lernen von Talmud und Tora hervorzutun – aber bislang hat er sich durch die Hilfe seiner Schulfreunde und nicht zuletzt seiner ältesten Schwester Zippy immer noch durchgeschlagen.

Doch dann sieht er – ausgerechnet an Tu beAw – ein nichtjüdisches Mädchen selbstvergessen tanzend ein Video aufnehmen. Hoodie ist fasziniert, doch zwischen den beiden Jugendlichen steht nicht nur der Glaubensunterschied, sondern auch die Tatsache, dass Anna-Maries Mutter als Bürgermeisterin der (fiktiven) US-amerikanischen Kleinstadt Tregaron heftig gegen den Zuzug der orthodoxen Gemeinde agitiert.

Und während sich Anna-Marie und Hoodie trotz Verbot immer wieder treffen, wächst gleichzeitig die Spannung zwischen den nichtjüdischen Einwohnern und den orthodoxen Hinzugezogenen, bis die Situation schließlich eskaliert.

ANSCHLAG Ein Anschlag auf einen koscheren Supermarkt war der Anlass für den Autor Isaac Blum, der früher selbst an einer orthodoxen Schule unterrichtete, seinen Jugendroman zu schreiben. Und doch fühlt sich der Einbruch des Terrors und die schicksalhafte Verknüpfung mit der Beziehung der beiden Teenager etwas konstruiert an. Das schreckliche Ereignis, das alle Antagonismen vorübergehend außer Kraft setzt, verhindert zudem, dass der Roman den Konflikt zwischen Hoodie und seiner Gemeinschaft in letzter Konsequenz ausspielen muss.

Doch überzeugt der Roman durch seinen durchgängig selbstironischen Ich-Erzähler – und entzieht sich zugleich dem populären Muster der (un)orthodoxen Aussteigergeschichte: Hoodies Gemeinschaft ist, bei allen Beschränkungen, kein mittelalterliches Gefängnis, dem es zu entfliehen gilt, die säkulare Welt hingegen kein Hort der Toleranz.

Und dann ist da noch Zippy, die wohl stärkste Figur des Romans, die es schafft, sich als junge talentierte Frau einen Platz in ihrer Gemeinschaft zu erobern und gleichzeitig ihren Bruder rückhaltlos zu unterstützen. Am Ende steht Hoodie an einem Scheideweg, und der Autor enthält sich nicht nur einer Entscheidung für seinen Protagonisten, sondern auch jeglicher Wertung, welcher Weg nun der richtige wäre.

Isaac Blum: »Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen«. Aus dem Englischen von Gundula Schiffer. Beltz & Gelberg, Weinheim 2023,
224 S., 15 €

Wolfenbüttel

Buch von jüdischem Sammler an Erben übergeben

Vom Raubgut zur Schenkung: Ein Buch aus der Sammlung des Juden Benny Mielziner wurde an dessen Erben zurückgegeben. Und bleibt nun trotzdem öffentlich in der Herzog-August-Bibliothek

von Raphael Schlimbach  02.04.2025

Osnabrück

Neue Bilder werfen neues Licht auf jüdischen Maler Felix Nussbaum

Das Nussbaum-Haus erhielt die Bilder von Maryvonne Collot, einer Nachfahrin der mit Nussbaum befreundeten Familie Giboux-Collot aus Brüssel

 02.04.2025

Antisemitismus

Gert Rosenthal: »Würde nicht mit Kippa durch Neukölln laufen«

Die Bedrohung durch Antisemitismus belastet viele Jüdinnen und Juden. Auch Gert Rosenthal sieht die Situation kritisch - und erläutert, welche Rolle sein Vater, der Entertainer Hans Rosenthal, heute spielen würde

 01.04.2025

Berlin

Hans Rosenthal entdeckte Show-Ideen in Fabriken

Zum 100. Geburtstag des jüdischen Entertainers erzählen seine Kinder über die Pläne, die er vor seinem Tod noch hatte. Ein »Dalli Dalli«-Nachfolger lag schon in der Schublade

von Christof Bock  01.04.2025

Künstliches Comeback

Deutschlandfunk lässt Hans Rosenthal wiederaufleben

Der Moderator ist bereits 1987 verstorben, doch nun soll seine Stimme wieder im Radio erklingen – dank KI

 01.04.2025

Interview

Günther Jauch: »Hans Rosenthal war ein Idol meiner Kindheit«

Der TV-Moderator über den legendären jüdischen Showmaster und seinen eigenen Auftritt bei »Dalli Dalli« vor 42 Jahren

von Michael Thaidigsmann  01.04.2025

Jubiläum

Immer auf dem Sprung

Der Mann flitzte förmlich zu schmissigen Big-Band-Klängen auf die Bühne. »Tempo ist unsere Devise«, so Hans Rosenthal bei der Premiere von »Dalli Dalli«. Das TV-Ratespiel bleibt nicht sein einziges Vermächtnis

von Joachim Heinz  01.04.2025

TV-Legende

Rosenthal-Spielfilm: Vom versteckten Juden zum Publikumsliebling

»Zwei Leben in Deutschland«, so der Titel seiner Autobiografie, hat Hans Rosenthal gelebt: Als von den Nazis verfolgter Jude und später als erfolgreicher Showmaster. Ein Spielfilm spürt diesem Zwiespalt nun gekonnt nach

von Katharina Zeckau  01.04.2025

Geschichte

»Der ist auch a Jid«

Vor 54 Jahren lief Hans Rosenthals »Dalli Dalli« zum ersten Mal im Fernsehen. Unser Autor erinnert sich daran, wie wichtig die Sendung für die junge Bundesrepublik und deutsche Juden war

von Lorenz S. Beckhardt  01.04.2025 Aktualisiert