Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat sich für eine Verschärfung der Strafen bei antisemitischen Taten ausgesprochen. »Wenn wir ausdrücklich regeln, dass ein antisemitischer Hintergrund eine härtere Strafe nach sich zieht, können wir die Täter sichtbarer zur Rechenschaft ziehen«, sagte die CDU-Politikerin der »Welt am Sonntag«.
Grütters sagte, der Antisemitismus sei »hemmungsloser« geworden. »Es ist etwas ins Rutschen geraten - daraus darf kein Erdrutsch werden.« Dazu hätten auch die sozialen Netzwerke beigetragen. »Weil die Verbreitung von Hass und Hetze dort - auch anonym - so leicht möglich ist, trauen sich die Menschen auf der Straße auch mehr als früher, ihren Antisemitismus öffentlich zu zeigen oder ihn sogar in Gewalt zu entladen.«
»Es ist etwas ins Rutschen geraten - daraus darf kein Erdrutsch werden«, betont Grütters.
Hinzu komme, dass man viel stärker als früher mit muslimischem Antisemitismus zu tun haben. »Damit müssen wir uns noch stärker auseinandersetzen«, forderte Grütters.
»Sowohl der rechtsextreme wie auch der islamistische Antisemitismus macht mich fassungslos, das trifft mich wirklich tief.« Judenfeindlichkeit sei in Deutschland in jeder Form inakzeptabel, so Grütters weiter: »Das müssen wir allen vermitteln, die in Deutschland heimisch sind oder hier leben wollen.«
PARAGRAPHEN Vor Kurzem hatte bereits der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, härtere Strafen gefordert. Der Paragraf im Strafgesetzbuch, nach dem Taten aus rassistischen und fremdenfeindlichen Motiven besonders schwer zu ahnden sind, müsse erweitert werden, sagte Klein am Mittwoch.
Judenhass sei in jeder Form inakzeptabel, stellt Grütters klar. »Das müssen wir allen vermitteln, die in Deutschland leben wollen.«
«Denn Antisemitismus ist eine besondere Form der Diskriminierung, keine Unterkategorie von Rassismus.» Klein zufolge war nach den NSU-Morden ein entsprechender Paragraf in das Strafgesetzbuch aufgenommen worden.
Generell sieht die Bundesregierung eine beunruhigende Entwicklung beim Thema Judenhass und Rechtsextremismus. Um Extremisten und potenzielle Terroristen aus dem rechten Spektrum frühzeitig erkennen und stoppen zu können, sollen Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt zusammen mehr als 500 zusätzliche Stellen erhalten.
So sehen es zumindest Pläne vor, an denen derzeit im Bundesinnenministerium gearbeitet wird. Der noch nicht im Haushalt für 2020 eingepreiste Stellenzuwachs bedarf allerdings noch der Zustimmung durch den Bundestag.
DYNAMIK Dass die Sicherheitsbehörden die Gefahr von rechts bis zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke Anfang Juni unterschätzt hätten, wie einige Oppositionspolitiker sagen, will Innen-Staatssekretär Hans-Georg Engelke nicht gelten lassen. Er verweist im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur auf eine neue Dynamik im Rechtsextremismus: »Gerade in den letzten Monaten beobachten wir in diesem Phänomenbereich Entwicklungen, die beunruhigend sind. Deshalb wollen wir hier jetzt auch schnell handeln.«
Für die Einschätzung der Gefährlichkeit einzelner Rechtsextremisten soll eine neue Kategorisierung entwickelt werden.
Nach dpa-Informationen geht es nicht nur um mehr Personal. Ähnlich wie bei der Beobachtung von Islamisten will man künftig auch bei den Rechtsextremisten stärker Informationen zu einzelnen radikalisierten Personen zusammentragen - anstatt vor allem auf Neonazi-Gruppen zu schauen.
Für die Einschätzung der Gefährlichkeit einzelner Rechtsextremisten soll eine neue Kategorisierung entwickelt werden. Auch bei der Erkennung von Netzwerken will man neue Wege gehen.
GEFÄHRDER Die Polizei stuft im rechten Spektrum aktuell bundesweit rund 40 Menschen als sogenannte Gefährder ein. Zum Vergleich: Ende 2016 gab es 22 Gefährder.
Als Gefährder bezeichnet man im Bereich der politisch motivierten Kriminalität Menschen, denen man schwere Gewalttaten bis hin zu Terroranschlägen zutraut. dpa/ja