Frau Lezzi, ELES hat vergangene Woche in Rheinsberg sein neues Künstlerförderprojekt »Dagesh« vorgestellt. Was hat es damit auf sich?
Unser Ziel ist es, jüdische Kunst und jüdische Künstler zu fördern und im öffentlichen Raum sichtbar zu machen. Dabei wollen wir auch nach jüdischen Aspekten von Kunst und Kultur fragen, ohne »jüdische Kunst« programmatisch festzuschreiben. Wir hoffen, eine kreative Öffnung hin zu pluralen religiösen Traditionen und säkularen Geschichten zu schaffen, zu einem spannungsvollen Miteinander von jüdischen und nichtjüdischen Facetten der Identität.
Im Förderprogramm des Studienwerks sind ohnehin schon viele Künstler vertreten. Warum sollen jüdische Künstler von nun an noch spezieller unterstützt werden?
Es stimmt, unter den regulären ELES-Stipendiaten gibt es mehrere Künstler aus unterschiedlichen Bereichen. Aber wir wollten diese Studenten künftig noch gezielter fördern, damit sie eine Plattform erhalten, sich zu vernetzen, sich zu zeigen und auch gemeinsam zu reflektieren, was jüdische Kunst ist.
Haben Sie auf diese Frage bei der Eröffnungsveranstaltung samt Kolleg eine Antwort gefunden?
(Lacht) Ja und nein. Vermutlich gibt es darauf so viele Antworten wie Teilnehmer. Alles in allem gibt es jene, die sagen: Wir sind jüdische Künstler, aber wir möchten unsere Kunst nicht als jüdisch definiert wissen, sondern ohne dieses Label als Kunstschaffende anerkannt werden. Andere wiederum greifen in ihren Arbeiten jüdische Elemente auf und verbuchen sich deshalb auch ganz bewusst als jüdische Künstler.
Welche Aktivitäten sind geplant?
Wir planen eine größere Kunstausstellung und ein Bühnen-Event in Berlin sowie eine Vortragsreihe zum Thema »Was ist jüdische Kunst?«. Hinzu kommen weitere nationale wie internationale Kooperationen etwa mit der New Yorker Organisation »Asylum Arts – A Global Network for Jewish Culture«.
Was bedeutet Dagesh eigentlich?
Dagesh ist ein diakritisches Zeichen des hebräischen und jiddischen Alphabets, das die Betonung von Konsonanten verschärft. Es hat selbst keine Bedeutung und verändert doch die Bedeutung der Worte. Auch das will Kunst: Wandern durch verschiedene Medien, Akzente setzen und Inhalte verschieben.
Mit der ELES-Referentin und Dagesh-Projektleiterin sprach Ingo Way.
www.dagesh.de