Mit weit ausholenden und eleganten Armbewegungen dirigiert Ira Kalechman die Sängerinnen des »Vocaliza Women’s Choir of Tel Aviv« in der Synagoge Rykestraße. Vor dem Ensemble wiegt sich die Kantorin Aviv Weinberg im Takt, um mit hohem, klarem Gesang in das »L’cha Dodi« einzusetzen – zur Freude des Publikums, das sich für den Auftritt des Chors am Ende des Abends mit Standing Ovations bedanken wird.
Der Vocaliza Women’s Choir of Tel Aviv war einer von insgesamt sechs Chören, die am Sonntagabend beim Abschlusskonzert des fünften Louis-Lewandowski-Festivals in der Synagoge Rykestraße auftraten. In diesem Jahr stand die Konzertreihe unter dem Motto »Das östliche Firmament« und machte das Publikum mit der »Chor Shul« bekannt.
Oper Der vom Wechselspiel zwischen Chor und Kantor geprägte Stil entwickelte sich, als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Musik von Louis Lewandowski Osteuropa erreichte. In der Folge entstanden die »Chor Shuls« genannten Synagogen, deren Gottesdienste für viele eine Form der Unterhaltung auf hohem Niveau waren. Und tatsächlich fühlt man sich beim Gesang von Sängerinnen wie Aviv Weinberg an eine Opernarie erinnert.
Solche Assoziationen sind nicht ungewöhnlich beim Lewandowski-Festival, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, immer neue Facetten der synagogalen Musik zu präsentieren. Beim Konzert in der Synagoge Rykestraße wurden 21 Stücke von Chören aus Russland, Großbritannien, Israel und Deutschland gesungen – unter ihnen auch erstmals der Jugendchor der Pestalozzistraße. »Uns ist es speziell wichtig, junge Menschen für diese Musik zu begeistern«, freute sich Festivalleiter Nils Busch-Petersen über diese Premiere.
Es sind jedoch nicht nur herausragende Solisten wie im Jugendchor, die das Festival in diesem Jahr bestimmten, sondern auch das Miteinander der unterschiedlichen Chöre. Vier Tage lang waren diese an unterschiedlichen Orten in Berlin und Potsdam aufgetreten und besuchten unter anderem auch den jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee, um dort das Grab des Komponisten Louis Lewandowski zu besuchen.
Adon Olam Entsprechend spürbar war das Gemeinschaftsgefühl auch für die Zuhörer, als der israelische Frauenchor, der Berliner Jugendchor, das Berliner Synagogal-Ensemble, der Jerusalem Cantors’ Choir, die London Cantorial Singers und der Publikumsliebling The Moscow Male Jewish Cappella zum Abschluss noch einmal gemeinsam auftraten und das »Adon Olam« in der Version von Lewandowski schmetterten.
Der vielstimmige und doch harmonische Gesang machte deutlich, wie sehr Toleranz und Verständigung das Treffen der so unterschiedlichen Chöre ausmachen – für Festivalleiter Nils Busch-Petersen ein Bild, »das zugleich dankbar und glücklich stimmt«.