Populärkultur

Spidermans Vater

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

Stan Lee, der Erfinder von Spider-Man, Hulk und Daredevil, ist mittlerweile selbst ein Superheld. Seit 50 Jahren ist er das Gesicht der amerikanischen Comic-Industrie. Seine Superkräfte sind ein großes Ego und das ausgefeilteste Universum der Comic-Geschichte. Auf dem Hollywood Walk of Fame ist ihm seit 2011 ein eigener Stern gewidmet. Er hat sogar eine eigene catchphrase: Excelsior! Jetzt wird Stan Lee 90.

Als Stanley Lieber kommt er am 28. Dezember 1922 in New York zur Welt. Mit 17 fängt er bei Timely Comics an, aus dem später der legendäre Comic-Verlag »Marvel« entsteht. Nach 20 Jahren Lohnschreiberei wird Lieber – inzwischen nennt er sich »Stan Lee« – Anfang der 60er-Jahre zu einem der Köpfe der Comic-Revolution.

Marvel In seinem neuen Buch Marvel Comics: The Untold Story erzählt Sean Howe detailliert die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Comic-Imperiums Marvel, dessen Zentrum das Gespann Jack Kirby (Jacob Kurtzfeld) und Stan Lee bildete. In den 60er-Jahren kreierten die beiden gemeinsam Comic-Ikonen wie die Fantastic Four, Hulk, die X-Men, Thor und Iron Man. Kirby und Lee sind das Lennon/McCartney-Team der Comic-Geschichte.

Dass beide als arme Juden osteuropäischer Herkunft in New York aufgewachsen sind, merkt man ihren Figuren nicht sofort an. Der Iron Man heißt zwar eigentlich Tony Stark, »The Thing« könnte als Golem-Ersatz durchgehen, aber dafür ist Thor der vielleicht arischste aller Superhelden. Erst auf den zweiten Blick zeigt sich die Jiddischkeit der Figuren. Stan Lees und Jack Kirbys Superhelden sind nicht so sehr strahlende Heroen, sondern eigentlich Freaks und Außenseiter, die mit ihren Superkräften verflucht und gesegnet zugleich sind.

nimbus Dann kommt es zum Bruch mit Kirby. Stan Lee zieht sich fast vollständig aus der kreativen Arbeit zurück, pflegt aber seinen Nimbus. Ein Sammelband aus den 70er-Jahren zeigt auf dem Cover eine Schreibmaschine, an der Lee sitzt und aus der die großen Marvel-Helden fliegen. Die Botschaft ist klar: Vergesst Jack Kirby. Stan Lee und niemand sonst ist das Genie des Comic. Der Autor und Comic-Fan Jonathan Lethem hat Lee deswegen als P. T. Barnum der Comic-Branche bezeichnet, nach dem legendären amerikanischen Zirkus-Impresario: »Er ist der Schreiber als lautstarker Mogul, sein eigener größter Fan und ein professioneller Schwätzer.«

In der Tat ist Lee in der Comic-Szene umstritten – endlose Diskussionen darüber, ob nicht doch Jack Kirby das wahre Genie war und er nichts weiter als ein Dieb, halten bis heute an. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen: Lee war ein genialer Comic-Autor, aus dem ein genialer Promoter der Marke Marvel wurde.

filme Das ist er immer noch. In jeder der zahlreichen Marvel-Verfilmungen übernimmt Stan Lee eine Gastrolle. Zuletzt war er in The Amazing Spider-Man 2012 mit Kopfhörern in der Bibliothek von Peter Parkers Schule zu sehen. In einer der letzten wirklich guten Folgen der Simpsons spielt er sich selbst: Als graue Eminenz, die den ganzen Tag damit verbringt, Ratschläge zu geben und Batman-Spielzeug zu zerstören. »Stan Lee ist schon wieder da?«, fragt Bart erstaunt. »Stan Lee war nie weg«, seufzt der Comicladenbesitzer.

Als ihm im September ein Herzschrittmacher eingesetzt wurde, bezeichnete der Comic-Guru die Prozedur als Vorbereitung für weitere 90 Lebensjahre. Stan Lee hat immer noch viel Spaß daran, Stan Lee zu sein: »Ich habe nicht vor zu sterben«, hat er jüngst verkündet. Excelsior!

London

Autor Neil Gaiman weist Vorwürfe sexueller Übergriffe zurück

Im »New York Magazine« werfen mehrere Frauen dem britischen Fantasy- und Science-Fiction-Autor entsprechende Taten vor. Nun äußert sich der 64-Jährige

 15.01.2025

Literatur

Die Heimatsuchende

Vor 50 Jahren starb Mascha Kaléko. Ihre Dichtung bleibt erschreckend aktuell

von Nicole Dreyfus  15.01.2025

TV-Tipp

Furchtlose Kunstliebhaber in der NS-Zeit

Während des Nationalsozialismus sollten »entartete« Kunstwerke beseitigt werden, aber einige Mutige setzten zur Rettung der Werke ihr Leben aufs Spiel. Eine 3sat-Dokumentation zeichnet einige Fälle nach

von Wolfgang Wittenburg  15.01.2025

Konzerte

Yasmin Levy in München und Zürich

Die israelisch-türkische Künstlerin aus einer sephardischen Familie singt auf Ladino, bzw. Judäo-Spanisch, einer fast vergessenen Sprache

von Imanuel Marcus  15.01.2025

Malerei

First Ladys der Abstraktion

Das Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden zeigt farbenfrohe Bilder jüdischer Künstlerinnen

von Dorothee Baer-Bogenschütz  14.01.2025

Leipzig

»War is over« im Capa-Haus

Das Capa-Haus war nach jahrzehntelangem Verfall durch eine bürgerschaftliche Initiative wiederentdeckt und saniert worden

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025

Krefeld

Gütliche Einigung über Campendonk-Gemälde

An der Einigung waren den Angaben nach die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), das Land NRW und die Kulturstiftung der Länder beteiligt

 13.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025