Einfälle für seine Songs kommen Rabbiner Walter Rothschild unter der Dusche, in der U-Bahn oder wenn gefeiert wird: »Eines der Lieder habe ich bei einer ganz langweiligen Barmizwa-Party auf eine Serviette geschrieben. Zwischen den Reden muss man irgendetwas tun.« Am kommenden Sonntag stellt der Rabbi mit den »Minyan Boys« seine erste CD vor. »Greatest Hits Volume 2« lautet der gewohnt bescheidene Titel. Selbstverständlich hat er auch schon einen Song zur Beschneidungsdebatte zu bieten, zur Titelmelodie von Fred Feuerstein: »Foreskins! Cut the Foreskins!/If you want to be a Jewish male/Cut it, it’s the real brit,/It’s the covenant of Israel.«
selbstironie Walter Rothschild liebt das Satirische, das Selbstironische, das Derbe. Widersprüche glättet er nicht: Der Eröffnungssong der CD handelt vom Cousin Harold, der plötzlich unausstehlich religiös wird. Harold will den Messias herbeizwingen durch tägliches Gebet, will nicht mal mehr seiner Mutter die Hand geben und vom Tisch seiner Familie nichts mehr essen, bis alle Koscher-Siegel überprüft sind. Unter seinem riesigen schwarzen Hut ist er kaum noch zu erkennen.
Walter Rothschild deckt auch auf, was Barmizwa-Jungen wirklich denken, während sie vor der versammelten Gemeinde singen. Und er erzählt, wie es Rabbinern am Samstagmorgen im Gottesdienst geht, nachdem sie wohl zu Beginn des Schabbat am Freitagabend eifrig gebechert haben. Der Rabbi wacht auf, als der Gottesdienst schon lange läuft, hat keine Hosen an, und sein Gebetsschal hängt schief. Die Melodie passt zur Stimmung. Der Song heißt Shabbes Morning Blues.
Rabbi Walter Rothschild and The Minyan Boys. Greatest Hits Vol. 2. , Hentrich & Hentrich, Berlin 2012, 17,90 €
CD-Releaseparty, Sonntag, 2. September, 20 Uhr, Grüner Salon in der Volksbühne Berlin