Sehen!

»September 5«

Das Journalistenteam in »September 5« Foto: Jürgen Olczyk

»Sind das Schüsse?« Aus der Verwirrung des amerikanischen TV-Teams um Geoffrey Mason (John Magaro), Marvin Bader (Ben Chaplin), Roone Arledge (Peter Sarsgaard) und die deutsche Assistentin Marianne Gebhardt (Leonie Benesch) wird schnell Gewissheit. Die Journalisten des US-Senders ABC sind vor Ort, um aus dem Sudio nahe des olympischen Dorfes von den Olympischen Spielen 1972 in München zu berichten, als am Morgen des 5. September die palästinensische Terrorgruppe »Schwarzer September« zwei Sportler ermordet und neun weitere Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln nimmt.

Nach Filmen wie Steven Spielbergs München findet der Schweizer Regisseur Tim Fehlbaum mit September 5 einen eigenen Zugang zum Sujet, indem er aus der Sicht der Journalisten von dem Terroranschlag erzählt – dem ersten, der live im Fernsehen übertragen und, so heißt es im Abspann, von 900 Millionen Menschen verfolgt wurde. Die Bilder eines vermummten Terroristen auf einem Balkon haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt.

September 5 ist ein packender Journalisten-Thriller, der mit einem perfekt choreografierten Mix aus Spielfilmszene, Archivmaterial und nachgedrehtem Originalmaterial die Kraft filmischer Konzentration vor Augen führt. Der kammerspielartige Film bleibt fast die gesamte Zeit im Sendezentrum des US-Kanals und beobachtet die Sportjournalisten auf Abwegen bei ihren investigativen Aktionen im olympischen Dorf und bei Handgriffen im Studio für eine Echtzeit-Schalte.

Fehlbaum feiert das klassische fernsehjournalistische Handwerk: blinkende Armaturen, Film- und Tonbänder, die abgespult und zusammenmontiert werden, die »On Air«-Leuchte und etliche nervöse Zigaretten. Zugleich stellt der Film journalistisch-ethische Fragen: Wie viele Validitätsprüfungen braucht es bei der Recherche? Welche Bilder dürfen gezeigt werden, und inwieweit spielen die Journalisten den Terroristen, die die Bilder ebenfalls sehen können, in die Hände? »Ist das unsere Geschichte oder deren?«, fragt einmal jemand.

Auch wenn das bittere Ende der Geschichte, zu dem ein dilettantisch geplanter polizeilicher Befreiungsversuch beigetragen hat, bekannt ist, bleibt September 5 durchweg spannend und vielschichtig. Fehlbaums Film könnte nach der Nominierung als Bester Film bei den Golden Globes auch bei den Oscars eine Rolle spielen.

Ab dem 9. Januar im Kino

Aufgegabelt

Mazze-Sandwich-Eis

Rezepte und Leckeres

 18.04.2025

Pro & Contra

Ist ein Handyverbot der richtige Weg?

Tel Aviv verbannt Smartphones aus den Grundschulen. Eine gute Entscheidung? Zwei Meinungen zur Debatte

von Sabine Brandes, Sima Purits  18.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  18.04.2025

Kulturkolumne

Als Maulwurf gegen die Rechthaberitis

Von meinen Pessach-Oster-Vorsätzen

von Maria Ossowski  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  17.04.2025

Sachsenhausen

Gedenken an NS-Zeit: Nachfahren als »Brücke zur Vergangenheit«

Zum Gedenken an die Befreiung des Lagers Sachsenhausen werden noch sechs Überlebende erwartet. Was das für die Erinnerungsarbeit der Zukunft bedeutet

 17.04.2025

Bericht zur Pressefreiheit

Jüdischer Journalisten-Verband kritisiert Reporter ohne Grenzen

Die Reporter ohne Grenzen hatten einen verengten Meinungskorridor bei der Nahost-Berichterstattung in Deutschland beklagt. Daran gibt es nun scharfe Kritik

 17.04.2025

Interview

»Die ganze Bandbreite«

Programmdirektorin Lea Wohl von Haselberg über das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg und israelisches Kino nach dem 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  16.04.2025