#UploadingHolocaust

Selfie vorm KZ

Über ein Jahr lang liefen Tausende YouTube-Clips fast ohne Unterbrechung im Wohnzimmer der israelischen Regisseure Udi Nir und Sagi Bornstein.

Clips, in denen israelische Jugendliche Selfies in Konzentrationslagern aufnehmen, sich bei Liegestützwettbewerben in polnischen Hostels filmen und ihre Gefühle in Videotagebüchern festhalten. Das Material stammte von Teilnehmern der »Reise nach Polen«, die israelische Schüler seit den 1980er-Jahren machen, um sich auf die Spuren des Holocausts zu begeben.

Premiere Jedes Mal, wenn Udi und Sagi etwas Interessantes hörten, hielten sie die Videos an, notierten sich die Stelle, dann ging es weiter. Aus dem gesammelten Material stellten sie schließlich den 70-minütigen Dokumentarfilm Uploading_Holocaust zusammen. Am Montag hatte die deutsch-israelische Koproduktion ihre Premiere im Berliner Kino Babylon.

Die Botschaft des Films ist für Udi Nir klar: »Wir möchten hinterfragen, wie in Israel mit dem Holocaust umgegangen wird. Und was der eigentliche Zweck einer solchen Reise ist.« Denn das Gedenken an die Vernichtung der europäischen Juden werde, so findet der Regisseur, missbraucht, um den Schülern einfache Narrative vorzusetzen. »Es werden mehr Antworten gegeben als Fragen gestellt. Die Schüler werden nicht zum kritischen Denken über den Umgang mit der Schoa aufgefordert«, sagt Nir.

Friedhof Jedoch teilt sich diese Kritik im Film selten mit. Die Videos werden ohne jeglichen Kommentar gezeigt, Szenen werden fast beliebig nebeneinander gestellt. Gerade noch singen die Jugendlichen lautstark im Bus, dann laufen sie schon über den Friedhof und suchen die Gräber ihrer Vorfahren auf.

»Wir konnten einen großen Unterschied zwischen dem Material aus den Achtzigern und dem heutigen beobachten: Man filmt nicht mehr den Ort Auschwitz, sondern sich selbst in Auschwitz«, erzählt Nir.

Auf der Webseite www.uploading-holocaust.com können deutsche Jugendliche israelischen Jugendlichen Fragen zu ihrem Umgang mit der Schoa stellen. Außerdem können Besucher eine Umfrage über ihre Erfahrungen, Assoziationen und Gefühle mit dem Thema ausfüllen – und sehen nach Eingabe sofort, wie die anderen Befragten antworteten.

»Uploading Holocaust« ist online beim Bayerischen Rundfunk zu sehen und wird am 24. Januar 2017 im rbb ausgestrahlt.

Veranstaltungen

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 21. November bis zum 28. November

 21.11.2024

Liedermacher

Wolf Biermann: Ein gutes Lied ist zeitlos gut

Er irre sich zuweilen, gehöre habe nicht zu den »irrsten Irrern«, sagt der Liedermacher

 21.11.2024

Nachruf

Meister des Figurativen

Mit Frank Auerbach hat die Welt einen der bedeutendsten Künstler der Nachkriegsmoderne verloren

von Sebastian C. Strenger  21.11.2024

Berlin

Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Ausstellung würdigt das Lebenswerk der Künstlerin. Vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte

von Sabrina Szameitat  21.11.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 21.11.2024

Fachtagung

»Kulturelle Intifada«

Seit dem 7. Oktober ist es für jüdische Künstler sehr schwierig geworden. Damit beschäftigte sich jetzt eine Tagung

von Leticia Witte  20.11.2024

Meinung

Maria und Jesus waren keine Palästinenser. Sie waren Juden

Gegen den Netflix-Spielfilm »Mary« läuft eine neue Boykottkampagne

von Jacques Abramowicz  20.11.2024

Berlin

Von Herzl bis heute

Drei Tage lang erkundet eine Tagung, wie der Zionismus entstand und was er für die jüdische Gemeinschaft weltweit bedeutet

 20.11.2024

Antisemitismus

»Verschobener Diskurs«

Nina Keller-Kemmerer über den Umgang der Justiz mit Judenhass und die Bundestagsresolution

von Ayala Goldmann  20.11.2024