Ein jährlich wiederkehrendes Kammermusikfestival zu organisieren, ist kein Zuckerschlecken. Zumal in Berlin, wo die Neugier des Publikums rasch erlahmt und der Blick oft nur auf das Neue gerichtet ist. Kammermusik jedoch ist das genaue Gegenteil: Hier geht es um Konzentration und Verinnerlichung. Es geht, wie die Leiterin des »Intonations«-Festivals im Jüdischen Museum Berlin, Elena Bashkirova, betont, um den »intimen Dialog« zwischen den Musikern.
Das macht auch das Programm des diesjährigen Festivals deutlich, das vom 18. bis zum 23. April Spätwerke verschiedener Komponisten in den Fokus rückt. Ausgehend von Johann Sebastian Bach spannt das Festival über Ludwig van Beethoven und die Romantiker Schubert und Schumann einen kühnen Bogen bis hin zum modernen Komponisten Elliott Carter. Ein weites Feld fast ohne Horizont, das an sechs Abenden hintereinander beackert wird.
Stars Für Kontinuität sorgen einmal mehr die 32 geladenen Musiker, allen voran die Pianistin Elena Bashkirova. Die Festivalleiterin hat die Balance zwischen jungen Talenten und etablierten Musikern gefunden. Isabelle Faust und Radu Lupu etwa sind Stars der Szene, die mit internationalen Spitzenorchestern zusammenarbeiten. Das gilt auch für die Geigerinnen Mihaela Martin und Carolin Widmann sowie den Pianisten Martin Helmchen. Und selbstverständlich auch für den israelischen Geiger Guy Braunstein, der nicht nur in Berlin einen glänzenden Ruf genießt, war er doch zehn Jahre lang Konzertmeister der Berliner Philharmoniker.
Doch auch der Blick auf die übrigen Musiker lohnt sich, zumal viele von ihnen regelmäßige Gäste des Festivals sind: Der Bassist Nabil Shehata beispielsweise oder der Geiger Michael Barenboim, der dieses Jahr ausnahmsweise nicht an der Seite seiner Mutter Elena Bashkirova auftreten wird. Für neuen Glanz sorgt dieses Jahr ein Stück, das vom Festival eigens in Auftrag gegeben wurde. Es stammt vom israelischen Komponisten Noam Sheriff, der 1935 in Tel Aviv geboren wurde.
Der Israel-Preisträger von 2011 gilt als typischer Vertreter der israelischen Klassik, weil seine Kompositionen eine Mischung aus europäischer und orientalischer Musik darstellen. Sheriff studierte bei Paul Ben-Chaim in Tel Aviv, bei Igor Markewitsch in Salzburg und Boris Blacher in Berlin. Dorthin, wo Sheriff während des Studiums Ende der 50er-Jahre lebte, kehrt er nun für die Uraufführung seines Streichquintetts zurück.
Vorfreude Beim Jerusalem Chamber Music Festival, dem Ableger des »Intonations«-Festivals in Israel, wurde das Stück zwar bereits mit israelischen Musikern aufgeführt. In Berlin dagegen werden die Geiger Boris Brovtsyn und Petra Schwieger, die Bratschisten Hartmut Rohde und Madeleine Carruzzo sowie der Cellist Timothy Park auf der Bühne stehen. Sheriff ist davon überzeugt, dass sich dadurch die Klangfarbe des Stückes ändern wird: »Darauf bin ich gespannt.«
Den Auftrag für ein Werk an Noam Sheriff zu erteilen, ist wenig verwunderlich: die Familien Barenboim und Sheriff sind seit Langem miteinander befreundet. Und Elena Bashkirova war Solistin, als Sheriff am Dirigierpult des Symphonieorchesters Haifa stand.
»Warum schreibst du mir kein Stück für mein Festival in Berlin, hat mich Elena eines Tages gefragt?«, erinnert sich Noam Sheriff. »Deshalb habe ich mich für ein Streichquintett mit einer zweiten Bratsche wie bei Mozart entschieden. Es hat mich schon immer sehr interessiert, was die fünfte Stimme tut«. Dieses Interesse kann man nur teilen.
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