Medizin

Science-Fiction aus Afula

Aus dem Gen-Labor: menschliche DNA Foto: Thinkstock

Was der menschliche Körper nicht schafft, ist zum Jahreswechsel israelischen Forschern gelungen: die Regeneration ganzer Knochen. Erstmals in der Geschichte der Medizin haben Ärzte im Emek Medical Center in Afula einem Patienten Knochengewebe eingepflanzt, das zuvor aus seinen körpereigenen Fettzellen im Labor gezüchtet wurde.

Dany, ein Bewohner einer der Kibbuzim in der Nachbarschaft der Kleinstadt, hatte neun Monate zuvor sein Schienbein bei einem Autounfall verloren. Nun wurde er mit dem neuen Verfahren behandelt, das in jahrelanger Forschungsarbeit von dem israelischen Biotech-Unternehmen Bonus BioGroup entwickelt wurde.

bioreaktor Und das funktioniert folgendermaßen: Dem Patienten wird Fettgewebe entnommen. Dann isoliert man die Stamm- von den Fettzellen, woraufhin diese in einen Bioreaktor kommen, der das menschliche Körpermilieu simuliert und zugleich optimale Bedingungen schafft, damit sich Knochengewebe bilden kann. Rund zwei Wochen dauert dieser Prozess, an dessen Ende neue Zellen entstanden sind, die der Person dort, wo die alten Knochen fehlen, injiziert werden.

»Wir haben auf diese Weise Tausende kleiner Knochenpartikel geschaffen«, skizziert Shai Meretzky, Chef von Bonus Bio-
Group, die Vorgehensweise. »Jeder einzelne davon lebt und erlaubt es uns, sie genau dahin zu transplantieren, wo sie benötigt werden, um einen funktionsfähigen Knochen entstehen zu lassen.«

Ausgeführt wur­de die Operation an Dany von Nimrod Rosen, Professor und Chef der orthopädischen Abteilung im Emek Medical Center. »Innerhalb der kommenden sechs Wochen wird sich das Schienbein wohl weitestgehend zurückgebildet haben und ihm wieder mehr Bewegungsfreiheit erlauben«, erklärt der von dem Verfahren sichtlich beeindruckte Spezialist. »Knochen im Labor zu züchten – das klingt immer noch nach Science-Fiction. Aber es funktioniert und wird die Behandlungsmethoden in der Orthopädie revolutionieren.«

osteoporose Einsatzmöglichkeiten sieht der Mediziner zuhauf. »Älteren Menschen mit Osteoporose kann damit genauso geholfen werden wie Krebspatienten, denen Knochen entfernt werden mussten.« Auch Kleinwüchsige dürfen hoffen, auf diese Weise ein paar Zentimeter zu wachsen, was ihrem Selbstwertgefühl zugutekommt. »Bei jeder Operation lassen sich bis zu zehn Zentimeter Körpergröße hinzufügen.«

Und was sagt Dany? »Ich bin überzeugt, dass die Ärzte einen guten Job machen und ich bald wieder ganz normal auf den Beinen stehen werde.« Er selbst gehört zu einer Gruppe von rund 40 Patienten, an denen das Verfahren in einer klinischen Versuchsreihe, die im August begann und sich noch drei Jahre hinziehen wird, auf Herz und Nieren getestet wird.

Zuvor hatte Bonus BioGroup die Methode an elf Personen erfolgreich angewendet, deren Kieferknochen defekt waren. Aber ein ganzer Knochen wie das Schienbein von Dany war definitiv Neuland.

physis »Unsere Methode ist im Vergleich zu Transplantationen von Knochenersatzteilen aus Plastik oder Metall deutlich besser verträglich für den Körper«, zeigt sich Shai Meretzky überzeugt. »Schließlich verhalten sich unsere im Labor entstandenen Knochenpartikel wie echte Knochen und verändern sich mit der Physis eines Menschen.«

Schon im Februar 2014 hatte das Unternehmen, das seit drei Jahren an der Börse in Tel Aviv gehandelt wird, die Erlaubnis erhalten, Menschen in vitro entwickelte Zellen einzupflanzen. Außerdem ist das Injizieren weitaus weniger schmerzvoll und zudem günstiger als ein chirurgischer Eingriff und minimiert das Risiko einer Abstoßungsreaktion. »Aber bis es auf dem Markt kommt, dauert es noch ein paar Jahre.«

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  15.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 13.11.2025

Film

Dekadenz, Krieg und Wahnsinn

»Yes« von Nadav Lapid ist provokativ und einseitig, enthält aber auch eine tiefere Wahrheit über Israel nach dem 7. Oktober

von Sascha Westphal  13.11.2025

Kolumne

Hineni!

Unsere Autorin trennt sich von alten Dingen und bereitet sich auf den Winter vor

von Laura Cazés  13.11.2025

Zahl der Woche

-430,5 Meter

Fun Facts und Wissenswertes

 12.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 13. November bis zum 20. November

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025