Oberammergau

Schwierige Läuterung

Aufführung der 42. Oberammergauer Passionsspiele 2022 Foto: IMAGO/Rudolf Gigler

Es war ein Versprechen, das im Jahr 1634 zur Gründung der Oberammergauer Passionsspiele führte, und der Beginn einer inzwischen mehr als 300-jährigen Volkstheater-Tradition, die auch zu einer unseligen Tradition des christlichen Antijudaismus wurde.

Damit wollte Spielleiter Christian Stückl schon bei seinem Amtsantritt 1990 aufräumen, doch er stieß auf den Widerstand der katholischen Kirche, deren »Berater« damals erklärte: »Wir müssen aufpassen, dass wir uns von den Juden nicht unser Evangelium zusammenstreichen lassen.«

EXPERTEN Am vergangenen Samstag wurde nun endlich eine stark veränderte Version des Passionsspiels aufgeführt, die weitgehend auch den Forderungen der Experten des amerikanischen Rates der jüdisch-christlichen Beziehungen (CCJR) entgegenkommt. Und damit begannen die Schwierigkeiten im Bemühen um eine historisch authentische Darstellung des Wirkens jener jüdischen Gruppe um Jesus von Nazareth.

Aus den biblischen Texten erfährt man zwar eine Menge über das Leben im Tempel, wie etwa das Tieropfer und anderes. Jüdisches rituelles Leben aber, wie wir es vom Pessach-Seder bis zur Laubhütte heute kennen, entstand erst in der Zeit des rabbinischen Judentums, also 200 Jahre nach jenen Ereignissen, die das bayerische Passionsspiel auf die Bühne bringt.
Theater aber braucht Bilder, und Regisseur Christian Stückl weiß das.

MENORA Folglich bedient er sich bei jenen Ritualen und Segenssprüchen, wie sie heute im jüdischen Leben gebräuchlich sind. Oder aber auch nicht; so macht der mit sieben brennenden Kerzen versehene Leuchter im Abendmahl-Bild mächtig Eindruck, auch wenn zur Zeit des Tempels die Menora ausschließlich dort gezündet wurde.

Das ist als wirkungsmächtiges Detail im Sinne der Aufführung verzeihlich. Doch auch die Ansicht, dass die Juden Jerusalems zu Pessach Palmzweige bei sich trugen, ist offenbar nicht auszumerzen. Bereits vor 70 Jahren hatte der Religionsphilosoph Schalom Ben-Chorin darauf hingewiesen, dass dies nur beim herbstlichen Laubhüttenfest der Fall gewesen sei.

Das aber wusste Lukas, der einzige nichtjüdische Evangelist der christlichen Bibel, womöglich ebenso wenig wie die Mehrheit des Publikums auf der Oberammergauer Zuschauertribüne.

Aufgegabelt

Mazze-Sandwich-Eis

Rezepte und Leckeres

 18.04.2025

Pro & Contra

Ist ein Handyverbot der richtige Weg?

Tel Aviv verbannt Smartphones aus den Grundschulen. Eine gute Entscheidung? Zwei Meinungen zur Debatte

von Sabine Brandes, Sima Purits  18.04.2025

Literatur

Schon 100 Jahre aktuell: Tucholskys »Zentrale«

Dass jemand einen Text schreibt, der 100 Jahre später noch genauso relevant ist wie zu seiner Entstehungszeit, kommt nicht allzu oft vor

von Christoph Driessen  18.04.2025

Kulturkolumne

Als Maulwurf gegen die Rechthaberitis

Von meinen Pessach-Oster-Vorsätzen

von Maria Ossowski  18.04.2025

Meinung

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Ausstellung

Das pralle prosaische Leben

Wie Moishe Shagal aus Ljosna bei Witebsk zur Weltmarke Marc Chagall wurde. In Düsseldorf ist das grandiose Frühwerk des Jahrhundertkünstlers zu sehen

von Eugen El  17.04.2025

Sachsenhausen

Gedenken an NS-Zeit: Nachfahren als »Brücke zur Vergangenheit«

Zum Gedenken an die Befreiung des Lagers Sachsenhausen werden noch sechs Überlebende erwartet. Was das für die Erinnerungsarbeit der Zukunft bedeutet

 17.04.2025

Bericht zur Pressefreiheit

Jüdischer Journalisten-Verband kritisiert Reporter ohne Grenzen

Die Reporter ohne Grenzen hatten einen verengten Meinungskorridor bei der Nahost-Berichterstattung in Deutschland beklagt. Daran gibt es nun scharfe Kritik

 17.04.2025

Interview

»Die ganze Bandbreite«

Programmdirektorin Lea Wohl von Haselberg über das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg und israelisches Kino nach dem 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  16.04.2025