Beim 29. Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg (JFBB) haben die Werke Shttl und Knock on the Door die Hauptpreise gewonnen. Die Ehrung fand am Freitagabend im Berliner Kino Filmkunst 66 statt.
Den Preis für den besten Spielfilm erhielt die französisch-ukrainische Produktion Shttl von Regisseur Ady Walter. Der Film spielt im Juni 1941 an der Grenze der sowjetischen Ukraine zu dem von den Nazis besetzten Polen. Noch befinden sich die beiden Mächte nicht im Krieg gegeneinander. Der junge Jude Mendele (Moshe Lobel) kehrt für ein paar Tage in sein Schtetl zurück, das er verlassen hatte, um in Kiew Filmemacher zu werden. Für seinen frommen Vater ist das gottlose »Zauberei«.
widerspruch Ohnehin könnte der Widerspruch zwischen Mendele und seinem Heimatort nicht größer sein: Er ist Kommunist, der ein säkulares Leben führen will, während die meisten Menschen im Schtetl die Moderne ablehnen und an den Geboten ihrer Religion festhalten. Mit einer fulminanten Kameraarbeit und in Schwarz-Weiß-
Bildern – episodisch gebrochen durch Farbaufnahmen – werden in Shttl die Konflikte thematisiert, die das osteuropäische Judentum vor der Schoa beschäftigten – vor dem Hintergrund der nahen Vernichtung der Welt des Schtetls.
Für die Jury des JFBB war das preiswürdig: »Eine junge und neue Stimme im Kino. Mit einem einzigartigen Stil und außergewöhnlicher Bildsprache«, hieß es in der Begründung. Die Spielfilmjury bestand aus Hannah Dannel, Referentin für Kultur und Kommunikation beim Zentralrat der Juden in Deutschland, dem italienischen Regisseur und Drehbuchautor Alberto Caviglia sowie der Produzentin Ada Solomon aus Rumänien.
Der Gershon-Klein-Dokumentarfilmpreis ging an Knock on the Door. »Eine einfühlsame Geschichte über eine lebensverändernde Erfahrung, in der die intime Tragödie einer Familie zu einem universellen Film über Trauer wird«, so die Jury. In diesem Film überbringen Offizierinnen und Offiziere der israelischen Streitkräfte die Todesnachrichten an die Familien der getöteten Soldatinnen und Soldaten.
Bei den Dokumentarfilmen trafen Abigail Prade, die Filmbeauftragte der Claims Conference, der französische Drehbuchautor Geoffroy Grison und der russische Filmer Nikita Pavlov, der in Berlin lebt, die Entscheidung. Die Gershon-Klein-Preise sind mit jeweils 3000 Euro dotiert. Die israelische Dokumentation Tantura erhielt den Preis für interkulturellen Dialog, der Preis zur Förderung des filmischen Nachwuchses entfiel auf Closed Circuit von Tal Inbar über die Überlebenden eines Terroranschlages in einem Tel Aviver Café.
BANDBREITE »Die Preisträgerinnen und Preisträger reflektieren die gesamte Bandbreite des Programms und bringen unterschiedliche Blickwinkel auf die Leinwand«, sagte Bernd Buder, Programmdirektor des JFBB. »Die Filme bilden damit die Pluralität und Vielschichtigkeit des jüdischen Kinos ab.«
Zu den Höhepunkten des Festivals gehörten die Komiker von »YidLifeCrisis« aus Kanada, die im Jüdischen Museum Berlin auftraten. Eli Batalion und Jamie Elman hatten sich gründlich auf Berlin vorbereitet – sie konnten alle Schrecken der Stadt einschließlich »Bürgeramt« und »Marzahn« aufzählen. Auch der Musiker Roger Waters, der vor Kurzem in Deutschland aufgetreten ist, wurde durch den Kakao gezogen – in einer Parodie auf den Pink-Floyd-Klassiker »Another Brick In The Wall«: »Hey, Roger, leave us Yids alone!«