Literatur

Schriften von Stefan Zweig gefunden

26 Briefe und sechs Postkarten könnten neues Licht auf den Autor werfen

von Philipp Peyman Engel  14.11.2016 15:28 Uhr

74 Jahre nach dem Tod von Stefan Zweig sind überraschend bislang unbekannte Briefe aufgetaucht. Foto: dpa

26 Briefe und sechs Postkarten könnten neues Licht auf den Autor werfen

von Philipp Peyman Engel  14.11.2016 15:28 Uhr

Es ist ein Fund, mit dem keiner gerechnet hatte – und der die Leser des österreichischen Schriftstellers umso mehr freut. 74 Jahre nach dem Tod von Stefan Zweig sind überraschend bislang unbekannte Briefe aufgetaucht, die er sich mit dem jungen jüdischen Autor Hans Rosenkranz geschrieben hatte.

Die Korrespondenz lagerte die vergangenen Jahrzehnte über in einem Banksafe in Israel. Freigegeben wurde die Korrespondenz von der Israelischen Nationalbibliothek in Jerusalem. Sie besteht aus insgesamt 26 handschriftlichen Briefen und sechs Postkarten. Laut Nationalbibliothek äußern sich die beiden Autoren darin zu literarischen, jüdischen und zionistischen Themen – und werfen ein neues Licht auf die Ansichten von Zweig, der sich 1942 im brasilianischen Exil das Leben nahm.

vermächtnis Bereits zwölf Jahre vor der Machtübernahme der Nazis schreibt Zweig bemerkenswert hellsichtig, dass das Judentum kulturell eine »produktive Kraft, eine Blüte wie seit Jahrhunderten« nicht mehr entfalte. »Mag sein, es ist das Aufschiessen der Flamme vor dem Untergang, mag sein, es ist nur ein Flackern im Stürzen vom Welthass – immerhin, das Judentum hat jetzt eine lebendige Stunde mit allen ihren Gefahren.«

Die Korrespondenz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat Hans Rosenkranz’ 92-jährige Stieftochter, Hanna Jacobsohn. »Ich habe mein Vermächtnis geschrieben und bestimmt, dass die Briefe nach meinem Tod an die Nationalbibliothek gehen sollen. Meine Rechtsanwältin fragte: ›Warum erst nach dem Tod? Warum nicht jetzt?‹ Und sie hatte eigentlich recht, dachte ich mir«, sagte Jacobsohn im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur zu ihrer Motivation, das Konvolut nun freizugeben. Nach dem Gespräch mit ihrer Anwältin kontaktierte sie die Israelische Nationalbibliothek, die großes Interesse an der Veröffentlichung zeigte.

Hans Rosenkranz war 16 Jahre alt, als er Stefan Zweig zum ersten Mal schrieb. Der angehende Autor, der in Königsberg geboren wurde, fragt den weltweit erfolgreichen Stefan Zweig nach Ratschlägen, wie auch er Schriftsteller werden könne – und erhält eine Antwort. Bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 bleiben Rosenkranz und Zweig in Verbindung. 1933 flüchtete Rosenkranz nach Palästina, Zweig ging ein Jahr später ins Exil nach London.

freiheit In einem der Briefe an den jungen Rosenkranz schreibt Zweig: »Wenn ich etwas Ihnen wünschen darf, so wäre es, ein Stück Ihrer Jugend außerhalb Deutschlands zu verleben, in einem Lande, wo man das jüdische Problem nicht so ständig auf den Nägeln brennen hat wie bei uns. (…) Lernen Sie jetzt nur Sprachen! Das ist der Schlüssel zur Freiheit: Wer weiß, vielleicht wird Deutschland und Europa so dumpf, dass der freie Geist darin nicht wird atmen können. Denken Sie an die Welt, wie weit sie ist!«

Während des Zweiten Weltkriegs kämpfte Rosenkranz in Italien für die britische Armee. 1945 kehrte er nach Palästina zurück, nahm den hebräischen Namen Chai Ataron an und beging – wie 14 Jahre zuvor Stefan Zweig – Selbstmord.

Alexander Estis

»Ich bin Pessimist – aber das wird bestimmt bald besser«

Der Schriftsteller über die Folgen der Kriege in der Ukraine und Nahost, Resilienz und Schreiben als Protest

von Ayala Goldmann  12.12.2024

Kino

Film-Drama um Freud und den Lieben Gott

»Freud - Jenseits des Glaubens« ist ein kammerspielartiges Dialogdrama über eine Begegnung zwischen Sigmund Freud und dem Schriftsteller C.S. Lewis kurz vor dem Tod des berühmten Psychoanalytikers

von Christian Horn  12.12.2024

Kultur

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 12. Dezember bis zum 18. Dezember

 12.12.2024

London

Hart, härter, Aaron Taylor-Johnson

Ein Marvel-Schurke zu sein, ist körperlich extrem anstrengend. Dies räumt der jüdische Darsteller nach dem »Kraven The Hunter«-Dreh ein

 11.12.2024

PEN Berlin

»Gebot der geistigen und moralischen Hygiene«

Aus Protest gegen Nahost-Resolution: Susan Neiman, Per Leo, Deborah Feldman und andere verlassen den Schriftstellerverein

 11.12.2024

Medien

»Stern«-Reporter Heidemann und die Hitler-Tagebücher

Es war einer der größten Medienskandale: 1983 präsentierte der »Stern« vermeintliche Tagebücher von Adolf Hitler. Kurz darauf stellten die Bände sich als Fälschung heraus. Ihr »Entdecker« ist nun gestorben

von Ann-Kristin Wenzel  10.12.2024

Imanuels Interpreten (2)

Milcho Leviev, der Bossa Nova und die Kommunisten

Der Pianist: »Ich wusste, dass ich Bulgarien verdammt zügig verlassen musste«

von Imanuel Marcus  10.12.2024

Glosse

Der Rest der Welt

»Mein kleiner grüner Kaktus« – ein Leitfaden für Frauen von heute

von Nicole Dreyfus  10.12.2024

Gelsenkirchen

Bayern-Trainer Kompany: Daniel Peretz genießt mein Vertrauen

Daniel Peretz soll Manuel Neuer bis zum Jahresende im Bayern-Tor vertreten. Trainer und Mitspieler vertrauen dem Israeli. Neuer könnte in einem Monat in Gladbach zurückkehren

 10.12.2024