»Biografie«

Schon wieder erwischt!

Maxim Billers viel diskutierter Roman ist trotz großer Schwächen ein geniales Buch

von Michael Hasin  25.07.2016 19:59 Uhr

Foto: Kiepenheuer & Witsch

Maxim Billers viel diskutierter Roman ist trotz großer Schwächen ein geniales Buch

von Michael Hasin  25.07.2016 19:59 Uhr

Maxim Billers Biografie war definitiv der meistdiskutierte Roman des Frühjahrs im deutschen Literaturbetrieb und ist trotz großer Schwächen ein geniales Buch. Die Handlung ist schnell erzählt: Salomon Karubiner, ein deutsch-russisch-tschechisch-jüdischer Schriftsteller wird zuerst beim Masturbieren in der Sauna ertappt, dann in der Presse als »onanierender Heine« bloßgestellt, um schließlich nach Israel zu fliehen, wo er schon wieder bei der Selbstbefriedigung erwischt wird.

Selbsthass Darüber hinaus schüttet Biller über seinen Lesern wie immer auch noch die gewohnte Portion Deutschen-Bashing, jüdischen Selbsthass, Eltern-Kind-Konflikte und Eifersuchtsdramen aus. Lesenswert macht diesen Roman seine gnadenlos schamlose und absolut unversöhnliche Komik, die zumindest Leser von Philip Roth und Fans von Larry David zum Lachen bringen wird.

Überragend wird dieses Buch aber erst, wenn man auf Billers Tabulosigkeit selbst tabulos reagiert und sich wundert: Warum habe ich jetzt eigentlich gelacht – und worüber? Über die Dogmen der politischen Korrektheit, täglich öffentlich beschworen und von vielen nicht mehr geglaubt, oder über das eigene verkorkste Leben? Dann führt das Lachen über Billers Sprachspiele – und Biller kann mit Sprache spielen (er selbst würde wohl sagen, er kann nicht nur, er muss mit Sprache spielen, um nicht immer mit seinem Schmendrick zu spielen) – nicht zur Katharsis, sondern zur Verunsicherung. Einer Verunsicherung, die lange bleibt. Was will man mehr von einem Roman?

Maxim Biller: »Biografie«. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016, 896 S., 29,99 €

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 20. Februar bis zum 27. Februar

 21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Bayern

NS-Raubkunst: Zentralrat fordert schnelle Aufklärung

Der Zentralrat der Juden verlangt von den Verantwortlichen im Freistaat, die in der »Süddeutschen Zeitung« erhobenen Vorwürfe schnell zu klären

 20.02.2025

Kolumne

Unentschlossen vor der Wahl? Sie sind in guter Gesellschaft – mit Maimonides

Der jüdische Weise befasste sich mit der Frage: Sollten wir als Kopfmenschen mit all unserem Wissen auch bei Lebensentscheidendem dem Instinkt vertrauen?

von Maria Ossowski  20.02.2025

Berlin

Eine krasse Show hinlegen

Noah Levi trat beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest an. In die nächste Runde kam er nicht, seinen Weg geht er trotzdem

von Helmut Kuhn  20.02.2025

NS-Unrecht

Jüdische Erben: »Bayern hat uns betrogen« - Claims Conference spricht von »Vertrauensbruch«

Laut »Süddeutscher Zeitung« ist der Freistaat im Besitz von 200 eindeutig als NS-Raubkunst identifizierten Kunstwerken, hat dies der Öffentlichkeit aber jahrelang verheimlicht

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Literatur

»Die Mazze-Packung kreiste wie ein Joint«

Jakob Heins neuer Roman handelt von einer berauschenden Idee in der DDR. Ein Gespräch über Cannabis, schreibende Ärzte und jüdischen Schinken

von Katrin Richter  20.02.2025

Berlinale

Auseinandergerissen

Sternstunde des Kinos: Eine Doku widmet sich David Cunio, der am 7. Oktober 2023 nach Gaza entführt wurde, und seinem Zwillingsbruder Eitan, der in Israel auf ihn wartet

von Ayala Goldmann, Katrin Richter  19.02.2025

Berlin

»Sind enttäuscht« - Berlinale äußert sich zu Antisemitismus-Skandal

»Beiträge, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, überschreiten in Deutschland und auf der Berlinale eine rote Linie«, heißt es in einer Erklärung des Festivals

von Imanuel Marcus  19.02.2025