»Eat Something«

Schöner Schmaltz

Evan Bloom von den »Wise Sons« und Rachel Levin aus San Francisco haben ein Kochbuch geschrieben – eine Delikatesse

von Katrin Richter  20.12.2020 09:45 Uhr

Eine absolute Delikatesse! Foto: PR

Evan Bloom von den »Wise Sons« und Rachel Levin aus San Francisco haben ein Kochbuch geschrieben – eine Delikatesse

von Katrin Richter  20.12.2020 09:45 Uhr

Wohl an keinem anderen Fest bekommen Kartoffeln, Zwiebeln und Eier, in Öl gebraten, eine solche ungeteilte Aufmerksamkeit wie an den gerade zu Ende gehenden acht Tagen von Chanukka, dem Fest, das sich der Dezember-Konkurrenz stellen muss. Denn verglichen mit Weihnachten, schreibt die Food-Journalistin Rachel Levin in Eat Something, hat es Chanukka immer etwas schwer und gilt als besserer Sidekick von Weihnachten.

Kartoffeln Aber was wäre, fragt sie, wenn das Lichterfest auf den Sommer gefallen wäre? Würden wir dann trotzdem fettige Latkes und luftig-leichte Sufganiot essen? Wahrscheinlich ja, denn zugegeben, so langweilig die Verbindung von Kartoffeln, Zwiebeln und Ei auch anmuten mag: Das Ergebnis ist unschlagbar. Und wer sagt eigentlich, dass es immer nur die traditionelle Variante sein muss und nicht auch mal Latkes mit Kimchi oder Garam Masala? Eben. Mit diesen vielen Rezepten, die traditionellen Speisen einen neues Gesicht geben, ohne ihre eigentliche Seele wegzukochen, wartet also das Buch Eat Something auf.

Frei nach dem Motto »Gegessen wird immer« – beim Trauern, beim Feiern und wenn nichts los ist – haben Rachel Levin und der Inhaber des Delis »Wise Sons« in San Francisco, Evan Bloom, ein Kochbuch geschrieben, das von Anfang an anders sein wollte als die vielen Bücher zu jüdischer Küche, die es schon gibt. Was also über einem Schälchen Suppe mit Matzebällchen begann, ist viel mehr als ein Kochbuch. Es ist Fotoalbum, Geschichtsbuch, Blog, ein Chat, eine Sammlung von Rezepten.

Bris Und die fangen beim Anfang an: bei der Beschneidung. Denn was isst man eigentlich zur Beschneidung? Was zu Weihnukka? Was, wenn man schwanger ist? Und was zur Schiwa? Auf alle diese Fragen liefert Eat Something wenn nicht Antworten, dann doch zumindest Ideen.
Bloom und Levin beschreiben in ihrem von der ersten bis zur letzten Seite gelungenen und detailreich wunderschön illustrierten Buch ein amerikanisch-jüdisches Leben.

Von den »Early Years« mit Großelternbesuchen in Florida, über die »Awkward Years« mit Bat- und Barmizwa-Feiern, Summer Camps, die »Young-Adulting Years« im College, mit den Dates oder dem Brunch mit Freunden, die »All-Grown-up Years« mit Hochzeit, Familie und Kindern bis zu den »Snowbird Years« in der Sonne und mit den Abschieden.

Ein Kapitel ergründet die tieferen kulinarischen Beziehungen zwischen Juden und Chinesen. Denn seit dem späten 19. Jahrhundert besuchen Juden chinesische Restaurants. Und auch, wenn sich, wie Eat Something beschriebt, die eine oder andere jiddischsprachige Zeitung offen über die Juden aufregte, die in den nichtkoscheren Restaurants aßen: Diese Liebe bleibt bis heute bestehen. Allerdings muss es eine einseitige Zuneigung sein, denn es gibt wenige Chinesen, die die jüdische Küche der ihren vorziehen. Vielleicht probieren sie ja mal den »Pastrami Fried Rice« oder die »Old Takeout-Style Noodles«, die Evan Bloom kreiert hat?

Da Kochen temporär das Ausgehen oder Reisen ersetzen muss, kann man sich gelassen in die Küche begeben, sich einen »Goldie« machen und drauflos kochen. Und wer so gar keine Lust auf Schneiden, Raspeln und Marinieren hat, der blättert sich durch diesen schönen Schmaltz.

Evan Bloom, Rachel Levin: »Eat Something. A Wise Sons Cookbook for Jews Who Like Food and Food Lovers Who Like Jews«. Chronicle Books, San Francisco 2020, 240 S., $ 29,95

Malerei

First Ladys der Abstraktion

Das Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden zeigt farbenfrohe Bilder jüdischer Künstlerinnen

von Dorothee Baer-Bogenschütz  14.01.2025

Leipzig

»War is over« im Capa-Haus

Das Capa-Haus war nach jahrzehntelangem Verfall durch eine bürgerschaftliche Initiative wiederentdeckt und saniert worden

 14.01.2025

Debatte

»Zur freien Rede gehört auch, die Argumente zu hören, die man für falsch hält«

In einem Meinungsstück in der »Welt« machte Elon Musk Wahlwerbung für die AfD. Jetzt meldet sich der Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner zu Wort

von Anna Ringle  13.01.2025

Krefeld

Gütliche Einigung über Campendonk-Gemälde

An der Einigung waren den Angaben nach die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne), das Land NRW und die Kulturstiftung der Länder beteiligt

 13.01.2025

TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Mehr als 100.000 Stolpersteine erinnern in 30 Ländern Europas an das Schicksal verfolgter Menschen im Zweiten Weltkrieg. Mit Entstehung und Zukunft des Kunstprojektes sowie dessen Hürden befasst sich ein Dokumentarfilm

von Wolfgang Wittenburg  13.01.2025

Mascha Kaléko

Großstadtdichterin mit sprühendem Witz

In den 20er-Jahren war Mascha Kaléko ein Star in Berlin. Die Nazis trieben sie ins Exil. Rund um ihren 50. Todestag erleben die Werke der jüdischen Dichterin eine Renaissance

von Christoph Arens  13.01.2025

Film

»Dude, wir sind Juden in einem Zug in Polen«

Bei den Oscar-Nominierungen darf man mit »A Real Pain« rechnen: Es handelt sich um eine Tragikomödie über das Erbe des Holocaust. Jesse Eisenberg und Kieran Culkin laufen zur Höchstform auf

von Lisa Forster  13.01.2025

Sehen!

»Shikun«

In Amos Gitais neuem Film bebt der geschichtsträchtige Beton zwischen gestern und heute

von Jens Balkenborg  12.01.2025

Omanut Zwillenberg-Förderpreis

Elianna Renner erhält Auszeichnung für jüdische Kunst

Die Schweizerin wird für ihre intensive Auseinandersetzung mit Geschichte, Biografie und Politik geehrt

 12.01.2025