EILMELDUNG! Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu

Hören!

Schönberg, der Punk

»›Entartete Musik‹ feiern«: Die Toten Hosen mit dem Orchester der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf Foto: dpa

Die Cellistin Anita Lasker-Wallfisch, die einst als KZ-Gefangene ihr Leben rettete, indem sie für Josef Mengele die »Mondscheinsonate« spielte, antwortet auf die Frage, wie man nach Auschwitz Musik machen könne: »Die Deutschen haben viel kaputt gemacht – aber die Musik, die haben sie nicht zerstört.«

Konzert Für sie ist jedes Musizieren, besonders von sogenannter entarteter Musik, ein später Sieg über die Unmenschlichkeit. Und so wollen auch die »Toten Hosen« ihr neuestes Projekt verstanden wissen. Gemeinsam mit dem Sinfonieorchester der Robert-Schumann-Musikhochschule Düsseldorf haben sie unlängst ein Konzert mit Werken gegeben, die im Nationalsozialismus auf dem Index standen. »Es geht vor allen Dingen darum«, sagt Sänger Campino, »die Komponisten und ihre Musik zu feiern.«

Die Doppel-CD des Konzertes ist auch ein Zusammenprall musikalischer Extremwelten: Auf der einen Seite die Ex-Punks, die keine Noten lesen können, auf der anderen Seite das perfekt organisierte Orchester unter Rüdiger Bohn. Gemeinsam interpretieren sie Songs der Comedian Harmonists, politische Kampflieder von Hanns Eisler und Kurt Weill, Klezmer und Lieder von KZ-Häftlingen.

Höhepunkt ist die Version von Arnold Schönbergs Ein Überlebender aus Warschau, zu dem Campino mit implodierend wütendem Sprechgesang die Zwölftonmusik begleitet – plötzlich erscheint selbst der mathematische Tüftler Schönberg als entfesselt anarchischer Punkmusiker.

Freiheit Die Wiederbelebung der Klänge war bislang oft Sache der Core-Klassik. Dass die Toten Hosen da nun ohne Angst vor der Komplexität der Arrangements mitmischen, ist auch eine Öffnung des Themas zum Massenpublikum. Dirigent Bohn: »Natürlich kommen die Leute, um die Toten Hosen zu hören, aber sie haben auch die Chance, uns zu hören.«

Das Projekt unter dem Titel »Willkommen in Deutschland« ist nicht nur ein geniales, musikalisches Abenteuer, sondern ganz im Sinne von Anita Lasker-Wallfisch ein weiterer, lustvoller Sieg der Musik über jenes Deutschland, das versucht hat, die Freiheit der Töne zu zerstören.

Veranstaltungen

Sehen. Hören. Hingehen.

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 21. November bis zum 28. November

 21.11.2024

Liedermacher

Wolf Biermann: Ein gutes Lied ist zeitlos gut

Er irre sich zuweilen, gehöre habe nicht zu den »irrsten Irrern«, sagt der Liedermacher

 21.11.2024

Nachruf

Meister des Figurativen

Mit Frank Auerbach hat die Welt einen der bedeutendsten Künstler der Nachkriegsmoderne verloren

von Sebastian C. Strenger  21.11.2024

Berlin

Ausstellung zu Nan Goldin: Gaza-Haltung sorgt für Streit

Eine Ausstellung würdigt das Lebenswerk der Künstlerin. Vor der Eröffnung entbrennt eine Debatte

von Sabrina Szameitat  21.11.2024

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 21.11.2024

Fachtagung

»Kulturelle Intifada«

Seit dem 7. Oktober ist es für jüdische Künstler sehr schwierig geworden. Damit beschäftigte sich jetzt eine Tagung

von Leticia Witte  20.11.2024

Meinung

Maria und Jesus waren keine Palästinenser. Sie waren Juden

Gegen den Netflix-Spielfilm »Mary« läuft eine neue Boykottkampagne

von Jacques Abramowicz  20.11.2024

Berlin

Von Herzl bis heute

Drei Tage lang erkundet eine Tagung, wie der Zionismus entstand und was er für die jüdische Gemeinschaft weltweit bedeutet

 20.11.2024

Antisemitismus

»Verschobener Diskurs«

Nina Keller-Kemmerer über den Umgang der Justiz mit Judenhass und die Bundestagsresolution

von Ayala Goldmann  20.11.2024