Es war ein besonderer Abend am Dienstag vergangener Woche in der Astor Film Lounge am Kurfürstendamm in Berlin. In der Veranstaltungsreihe »Mein Film« lädt die Deutsche Filmakademie regelmäßig Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ein, einen aus ihrer Sicht besonders spannenden oder für sie prägenden Film vorzustellen. Zu Gast war diesmal Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die Wahl des Staatsoberhaupts fiel an diesem Abend auf den Film Der Staat gegen Fritz Bauer.
In dem 2014 erschienenen Drama von Regisseur Lars Kraume spielt Burghart Klaußner den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (1903–1968), der in den Anfängen der Bundesrepublik in den 50er- Jahren allen Widerständen zum Trotz gegen flüchtige NS-Verbrecher ermittelt, um ihnen im eigenen Land den Prozess zu machen.
helden »Ich habe mich für diesen Film entschieden, weil er mein Leben auf ganz besondere Weise geprägt hat«, sagte Steinmeier nach der Vorführung im Gespräch mit dem Berliner Schauspieler und Filmakademie-Präsidenten Ulrich Matthes. »Fritz Bauer ist für mich einer der Helden der jungen Demokratie in Deutschland«, sagte Steinmeier und würdigte den jüdischen Juristen für seinen Mut und seine Beharrlichkeit im Kampf um Gerechtigkeit für die Opfer der Schoa.
Der 2016 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnete Spielfilm skizziert Bauers unermüdliche Jagd nach untergetauchten ehemaligen Nationalsozialisten.
Der 2016 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnete Spielfilm skizziert Bauers unermüdliche Jagd nach untergetauchten ehemaligen Nationalsozialisten und ein gesellschaftliches Klima, das diesem Ansinnen weitgehend ablehnend gegenübersteht. Umso schwerer für Bauers Ermittlungen wiegt die Tatsache, dass selbst seine eigene Behörde von früheren nationalsozialistischen Parteigängern durchsetzt ist, die kein Interesse an der Aufklärung der Vergangenheit haben, könnte dies doch ihre weitere Karriere sowie ihren guten Ruf gefährden.
Doch trotz der Missbilligung vieler seiner Kollegen gelingt es Bauer schließlich, den in Argentinien untergetauchten ehemaligen SS-Obersturmbahnführer Adolf Eichmann ausfindig zu machen. Da er dem Bundesnachrichtendienst nicht traut, gibt Bauer die Informationen über Eichmanns Aufenthaltsort an den israelischen Geheimdienst weiter. Dieser entführt Eichmann aus Buenos Aires und stellt ihn schließlich in Jerusalem vor Gericht.
auschwitz-prozesse Fritz Bauers entscheidende Rolle bei der Ergreifung des NS-Verbrechers wird in dem Film ebenso thematisiert wie die später von ihm angestoßenen Auschwitz-Prozesse, die die deutsche Gesellschaft mit der dunklen Vergangenheit konfrontierten. »Der Film berührt auch beim zweiten Schauen«, sagte Steinmeier. Die schauspielerische Leistung sei bei diesem Kammerspiel überaus gelungen.
Mit der Person Fritz Bauers hat sich Steinmeier bereits in seiner Studienzeit in den 70er-Jahren beschäftigt.
Mit der Person Fritz Bauers habe er sich bereits in seiner Studienzeit in den 70er-Jahren beschäftigt, obwohl seine Leistungen in der Gesamtgesellschaft damals noch nicht so bekannt gewesen seien, erzählte Steinmeier. »Fritz Bauer ist eine der Schlüsselfiguren, die der Bundesrepublik wieder Anerkennung und Respekt in der Weltgemeinschaft verschafft haben«, betonte das Staatsoberhaupt. Bauer habe schon sehr früh verstanden, dass die Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist und Engagement ohne Rückzug verlange.
»Müssen sich die Künste heute wieder mehr für die Demokratie einsetzen?«, fragte Ulrich Matthes daraufhin den Bundespräsidenten. Steinmeier nickte. »Ich sehe schon, dass die Kulturschaffenden heute eine größere Distanz zur Politik suchen, als das noch vor 30 Jahren der Fall war«, sagte er. Distanz zur Politik sei aber nicht das, was der Demokratie helfe. Das Einzige, was wirklich helfen könne, sei das Sich-Einmischen. »Und davon wünschte man sich manchmal auch von Kulturschaffenden etwas mehr«, sagte Steinmeier.
Für seine Aussagen erntete der Bundespräsident großen Applaus. Am Ende des Abends sagte Steinmeier, dass ihm die Veranstaltung große Freude bereitet habe. »Auch wenn ein Bundespräsident vieles ist – aber sicher kein Filmkritiker.«